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Wahl der Oberbürgermeisterin bzw. des Oberbürgermeisters der Stadt München am 16. März 2014

Auf dieser Seite stehen die Antworten einiger der für das Amt der/des OB in München zur Wahl stehenden Kandidatinnen bzw. Kandidaten auf die Wahlprüfsteine der FSFE. Eine kurze Zusammenfassung dieser Antworten finden Sie in der zugehörigen Pressemitteilung.

Antworten der Parteien (in alphabetischer Reihenfolge)

1.Das LiMux-Projekt wurde planmäßig im letzten Jahr in den Regelbetrieb überführt, der allergrößte Teil der PC-Arbeitsplätze wurde mit Freier Software bestückt an die städtischen MitarbeiterInnen ausgerollt. Wie bewerten Sie das Projektergebnis? Was war Ihre Erwartungshaltung zu Beginn des Projekts? Gibt es Aspekte, die Sie anders gehandhabt hätten?

Andre Wächter, AfD: Um das Projekt zu bewerten, fehlen uns die Detailkenntnisse. Unser Wissensstand ist das, was man auf den heise-News darüber zu lesen bekommt. Grundsätzlich begrüßen und unterstützen wir die Idee.

Horst Münzinger, Bayernpartei: Da ich als Seiteneinsteiger bisher keinen Zugang zu tieferen Informationen über das Limux-Projekt hatte, fehlt mir allerdings die Grundlage für eine belastbare Beurteilung. Es wäre deshalb unverhältnismäßig und für Ihr Anliegen auch nicht zielführend, wenn ich mich ohne ausreichendes Detailwissen dezidiert den Fragen zum Limux-Projekt und zu offener Software zuwenden würde.

Josef Schmid, CSU: Die CSU Stadtratsfraktion hat ursprünglich gegen die Einführung von Limux gestimmt. Das Projektergebnis ist aus meiner Sicht nicht zufriedenstellend, und das haben ja offensichtlich auch die Grünen festgestellt, deren Spitzenkandidatin sich sogar öffentlich bei den Beschäftigten der Landeshauptstadt München entschuldigt hat. Ich stehe eine „Freien Software“ grundsätzlich positiv gegenüber und unser damaliger Beschluss beruhte auf sehr differenzierten Überlegungen. Dabei ging es uns, im Gegensatz zu Rot-Grün nie um die ideologische Diskussion, ob Windows das „verderbte Böse“ ist und das „Heil der IT-Welt“ ausschließlich in Linux zu finden ist.
Meine Ansprüche an eine IT und EDV sind relativ einfach formuliert. Bei einer rd. 20.000- köpfigen Kernverwaltung mit Schnittstellen ins Internet, zur Landes- und Bundesverwaltung und zu anderen Kommunalverwaltungen, und unzähligen Fachwanwendungen hat die IT einfach nur zu funktionieren. Und dabei hat man wohl nicht berücksichtigt, dass diese Kernverwaltung nicht mit einem privaten Konzern vergleichbar ist, sondern das Produktangebot viel vielschichtiger ist. Ich habe sowohl von meinen Mitarbeitern als auch von vielen Mitarbeitern in der Stadtverwaltung die Rückmeldung bekommen, dass es sehr häufig zu Störungen kommt. Es gibt genügend Beispiele wo der Absturz von Systemen zu mehrstündigen Wartezeiten führt. Die Unzufriedenheit der Beschäftigten spiegelt sich meiner Ansicht nach diesbezüglich auch in der Befragung GreatPlacetoWork wieder.
Die von Ihnen angesprochene „unwiderlegbaren Einsparungen“ basieren auf Berechnungen der Stadt München, die natürlich im Interesse der rot-grünen Rathausmehrheit niemals zugeben würde, dass das Projekt massive Probleme birgt. Ich bin mir sicher, dass eine unabhängige Berechnung mit allen Einflüssen die das System auch bei Mitkonkret nach sich gezogen hat, zu einem anderen Ergebnis kommt. Und offensichtlich scheint auch Limux massive Sicherheitslücken zu haben, denn wir haben im letzten Jahr einen kostspieligen Beschluss gefasst, der die Sicherheit „herstellen soll“. Die bisherige Situation fasste ein Mitarbeiter von IT@m wie folgt zusammen: „Es grenzt an ein Wunder, dass noch nichts passiert ist!“
Und auch ihre Aussage hinsichtlich der nahezu kompletten Umstellung auf Limux muss ich korrigieren. Es gibt noch tausende Rechner auf denen Windows läuft, weil Limux für die Fachverfahren einfach ungeeignet ist oder ein unverhältnismäßiger Aufwand nötig ist, die entsprechenden Anwendungen zu programmieren. Rückblickend und unter der Prämisse, die Fraktion hätte der Umstellung zugestimmt, hätte ich die Einführung langsamer und in kleineren Einheiten vorgenommen und von vornherein die Beschäftigten eingebunden. Das hätte die Chance geboten, Fehler schneller zu erkennen und auf die individuellen Anforderungen der Sachbearbeiter zu reagieren.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Wir haben anfangs den Aufwand unterschätzt. Das hat aber auch damit zu tun, dass wir keinen Überblick hatten, wie heterogen und vielfältig die Software-Landschaft der Münchner Stadtverwaltung war. Nebeneffekt war hier eine stärkere Vereinheitlichung und die Vermeidung von Doppelarbeit und Mehrfachstrukturen etwa bei verschiedensten Anwendungen und selbst gebastelten Makros. Außerdem mussten wir einsehen, dass eine 100%-Umstellung nicht so leicht ist, weil es immer noch Bereiche gibt, die schwer ohne proprietäre Software auskommen. Hier sind Übergangsregelungen und Ausnahmen notwendig.

Brigitte Wolf, Die Linke: Das LiMuX-Projekt wurde am 31.10.2013 erfolgreich abgeschlossen. Alle Projektziele wurden erreicht und das Budget wurde nicht überschritten. Nach letztem Stand sind 14.663 LiMux-Arbeitsplätze in Betrieb. Die IT-Sicherheit ist nicht nur gewährleistet sondern sogar verbessert. Die Heterogenität der Office-Anwendungen wurde enorm reduziert und eine weitgehende Herstellerunabhängigkeit der Stadtverwaltung verwirklicht. Das ist als ein großer Erfolg zu werten. Allerdings sind wir auch nicht dogmatisch vorgegangen. Wo eine wichtige Spezialanwendung einfach noch nicht herstellerunabhängig zu haben ist, nutzen wir das bisherige Produkt weiter.
Ein Umstellungsprojekt von diesem Ausmaß ist bisher beispiellos, weshalb sich andere Verwaltungen und Firmen von der Stadt München über die Möglichkeiten und Umsetzung einer Umstellung beraten lassen. Um das Potential besser auszuschöpfen müsste aber noch stärker in die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert werden. Bei der Umstellung zeigten sich immer wieder Probleme und Beschwerden. Die Unzufriedenheit mit dem LiMux System kann sicherlich nur reduziert werden indem die Anwenderinnen und Anwender umfangreicher im Umgang mit dem System geschult werden.

Michael Mattar, FDP: Wir haben sehr große Sympathie für freie Software und haben deshalb das Projekt LIMUX unterstützt. Gerade auch angesichts der Enthüllungen von Herrn Snowden ist es sinnvoll und richtig eine Alternative zu den us-amerikanischen Softwareherstellern zu bieten. Allerdings stellen sich in der Praxis bei der Stadt München auch deutliche Schwächen von LIMUX heraus.
Die Unzufriedenheit bei den städtischen Mitarbeitern ist enorm. Wir werden in der neuen Amtsperiode in jedem Fall gezwungen sein, diese Schwächen systematisch zu eruieren und einen Maßnahmekatalog zu erstellen, um die Schwierigkeiten in der Praxis abzubauen. Ich gehe davon aus, dass dies gelingen wird, da ein Systemwechsel sicher zu unvertretbaren Kosten führen würde. Alle, die an einer freien Software und offenen Standards interessiert sind, müssen jetzt die Optimierung von LIMUX aktiv unterstützen.

Tobias Ruff, ödp: Wir beurteilen die LiMux-Entscheidung und die tatsächliche Umstellung heute als sehr gelungen und können der Stadtverwaltung nur ein Lob für diese Arbeit aussprechen.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Wir als Piratenpartei finden es durchaus positiv, dass München seine IT-Infrastruktur auf freie Software umgestellt hat. Das Problem bei einem derart lang andauernden Prozess, wie der Wechsel von proprietärer auf freie Software, ist neben technischen Problemen auch die Frage, ob die Stadtverwaltung den langen Atem hat, dieses Projekt umzusetzen.
Ohne konkreten Einblick in die Planungen des Projekts zu haben, weiß ich aus Gesprächen mit Mitarbeitern bei der Stadt München, dass ihnen gerade zu Beginn der Umstellung neue Software vorgesetzt wurde, ohne dass sie im Umgang damit geschult wurden. Man hätte also früher mit Schulungsangeboten auf die Mitarbeiter zugehen müssen, um ihnen die Angst vor der neuen Software zu nehmen.

Dieter Reiter, SPD: Generell halten wir das Limux-Projekt für ein sinnvolles, großangelegtes Experiment, das sich naturgemäß über viele Jahre erstreckt. Eine abschließende Bilanz erscheint mir verfrüht. Für uns sind folgende Kriterien wichtig, die über die Fortführung des Großversuchs entscheiden:

  1. Gibt es mit Limux Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft?
  2. Können städtische Beschäftigte ihre Aufgaben unter Limux mindestens genauso gut erfüllen?
  3. Wenn diese beiden Fragen zur Kompatibilität und Funktionalität mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden können, dann überwiegt der Nutzen im Vergleich zu den absoluten Kosten. Zusätzlich müssen letztere auch wirtschaftlich darstellbar sein. Im Übrigen gibt es durchaus Stimmen, die die "unwiderlegbaren" Einspareffekte von Limux anzweifeln. Wir wollen Ihnen an einem scheinbar banalen Beispiel deutlich machen, worauf es uns ankommt: Wenn ein kleines IT-Unternehmen oder eine Bürgerin ein Formular downloaden und per Post zurückschicken, weil es nicht anders geht oder einfacher als die papierlose Variante ist, dann ist das "EDV zu Fuß". Solche Dinge müssen wir ändern. Egal mit welcher Software.

2. Die städtische Verwaltung wurde fast vollständig zu PC-Arbeitsplätzen mit Freier Software migriert. Leider werden aber die Computer in städtischen Bildungseinrichtungen nach wie vor mit unfreier Software betrieben. Gerade hier ist es aber extrem wichtig, langlebige Konzepte statt kurzlebiger Produkte zu lehren. Selbst der Microsoft-Gründer Bill Gates hat in einer Fragerunde gesagt, dass Freie Software im Bildungsbereich besser sei, als proprietäre. Werden Sie sich dafür einsetzen, Freie Software in den städtischen Bildungseinrichtungen flächendeckend einzuführen?

Andre Wächter, AfD: Definitiv ja.

Horst Münzinger, Bayernpartei: Festhalten will ich aber, dass meine Sympathie offener, zuverlässiger und benutzerfreundlicher Software gilt, deshalb auch dem Einsatz in der öffentlichen Verwaltung und in städtischen Bildungseinrichtungen.

Josef Schmid, CSU: Wie bereits erwähnt, messe ich der IT den Stellenwert eines Werkzeugs zu, das prioritär zu funktionieren hat, damit es die Arbeit der städtischen Beschäftigten erleichtert. Dies gilt daher auch für den Bereich Bildung. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten muss daher abgewogen werden, ob eine ggf. freie Software genau die selben oder auch mehr Leistungen bietet, als proprietäre. Ferner muss dann auch noch die Kompatibilität mit allen anderen betroffenen Systemen und Anwendungen gewährleistet ist und der entsprechende Service geboten wird. Dies alles sollte man vor einer flächendeckenden Einführung auf jeden Fall auf wenigen Rechnern testen. Und es muss auch hervorgehoben werden, dass notwendige Umprogrammierungen dem Hauptmerkmal der Freien Software Rechnung tragen müssen. Sie dürfen nichts kosten.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Wer in der Schule mit einem bestimmten Computersystem oder einem speziellen Programm gelernt hat, wird diese Software auch in Ausbildung, Studium und Arbeitsalltag einsetzen wollen. Deshalb strömen Softwarehersteller an Schulen: um sich ihre Kundschaft der Zukunft heranzuziehen. Schulen als staatliche Einrichtungen sind aber zur Neuträlität gegenüber einzelnen privaten Firmen verpflichtet.
Freie Software erfüllt dieses Neutralitätsgebot in hervorragender Weise. Die Software gehört der Community, gehört der Gesellschaft. Software-Pakete wie LibreOffice, Gimp, Inkscape, Scribus oder auch Systeme wie Rasbian für den RaspberryPi sind genauso leicht und komfortabel zu bedienen wie ihre proprietären Alternativen, und ihr Funktionsumfang ist für das schulische Umfeld mehr als ausreichend. Deshalb sollte wir auch freie Software an städtischen Schule vorantreiben.

Brigitte Wolf, Die Linke: Um die Sicherheit in der Anwendung mit freier Software nachhaltig zu verbessern und eine weitere Herstellerunabhängigkeit der städtischen Verwaltung und Einrichtungen zu erreichen, muss auch in den städtischen Bildungseinrichtungen freie Software flächendeckend eingeführt werden. Dies kann aber nicht von einem auf den anderen Tag erfolgen. Gerade die Mitarbeiter von Bildungseinrichtungen müssen sehr gut mit der Anwendung freier Software vertraut sein, da sie bei ihrer Arbeit auch Hürden und Abneigungen von Nutzerinnen und Nutze der Bildungseinrichtungen gegenüber der oft unbekannten Software abbauen müssen.

Tobias Ruff, ödp: Sehen wir genauso, deshalb haben wir auch 2004 dazu einen Stadtratsantrag gestellt - siehe http://linux.oedp-muenchen.de/. Diese Woche stellen wir einen Stadtratsantrag, dass die Stadt München im eigenen Namen die erwähnte Linux-Anleitung drucken und besonders auch an den Schulen verteilen soll.
Einen ähnlichen Antrag wie den von 2004 planen wir auch wieder.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Ja, die Piratenpartei setzt sich für die Verwendung von Freier Software auch im Bildungsbereich ein. Dies ist auch so im Parteiprogramm der Piratenpartei Deutschland verankert. Ziel muss es sein, dass im Bildungsbereich nur noch freie Software verwendet wird.
Fakt ist leider, dass im Schulunterricht häufig der Umgang mit bestimmten Programmen gelehrt wird, statt grundsätzliche Fähigkeiten im Umgang mit Computern zu unterrichten.

Dieter Reiter, SPD: Unseres Wissens werden die Computer an städtischen Bildungseinrichtungen weiterhin mit proprie­tärer Software betrieben, weil ein Umstieg für die meisten Anwendungen (noch) nicht möglich ist.

3. Eine konsequente Umsetzung Offener Standards in der öffentlichen Verwaltung ermöglicht einen Wettbewerb unter Software-Unternehmen, insbesondere auch unter den für die lokale Wirtschaft bedeutsamen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Werden Sie die Bemühungen der Stadt München zum Einsatz Offener Standards in der Verwaltung weiter fortführen und konsequent für deren Einsatz eintreten? Wenn ja, wie wollen sie dabei vorgehen?

Andre Wächter, AfD: Im Prinzip ja, konkrete Vorschläge dafür haben wir aber im Moment nicht.

Horst Münzinger, Bayernpartei: Die Erfahrungen mit offener Software und Eigenproduktionen kann die Stadt veröffentlichen, um so auf Alternativen zu bisherigen Systemen aufmerksam zu machen.

Josef Schmid, CSU: Die Fortführung Offener Standards muss sich in Zukunft viel stärker an den Erfordernissen der Stadtverwaltung messen lassen. Es muss von vornherein klar definiert werden, was die Anwendung können muss und dann können sich alle mit ihrem Produkt bewerben.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Ja, ich möchte das gerne fortsetzen. Man muss - ohne dogmatisch zu sein - immer wieder Mühe darauf verwenden (auch in Zusammenarbeit mit der Community), Open Source Lösungen auch für Bereiche zu finden, bei denen sich das auf den ersten Blick als nicht leicht darstellt. Wir sollten noch stärker den Austausch mit der IT- und Open-Source-Community suchen: München kann als Vorbild wirken, Erfahrungen und eigene Anwendungen weitergeben, aber auch von der Community viel profitieren.

Brigitte Wolf, Die Linke: Zunächst einmal würde ich dafür sorgen, dass die restlichen der Arbeitsplätze, die noch nicht mit freier Software ausgestattet sind an die anderen Standards angeglichen werden und auf LiMux, Firefox und Thunderbird umgerüstet werden. Des weiteren müssen dann Schritt für Schritt auch die städtischen Betriebe und Bildungseinrichtungen auf offene Software umstellen. Neben der kostenlosen Vergabe von Linux-CDs sollte die Stadt auch kostenlose Informationen und Bildungsangebote für Bürgerinnen und Bürger anbieten.

Tobias Ruff, ödp: Ja, selbstverständlich wollen wir weiter so vorgehen, durch kreative, allgemeinwohlorientierte Ideen, die auch den einfachen Computernutzer (privat und beruflich) mitnimmt und ihm konkrete Vorteile aufzeigt.
Siehe z.B. unsere Linux-Anleitung http://linux.oedp-muenchen.de/Linux-als-Ersatz-fuer-Windows-XP-Installationsanleitung-v1.0.pdf und natürlich unsere bisherigen Stadtratsanträge hierzu.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Die Piratenpartei ist für eine konsequente Verwendung Offener Standards und Formate, weil nur ein offengelegter Standard garantieren kann, dass auch in Zukunft auf die gespeicherten Daten zugegriffen werden kann, und sei es, dass eine eigene Software auf Basis dieses Standards entwickelt wird.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass auf diese Zukunftssicherheit von offenen Formaten hingewiesen wird, dass es also neben dem Argument der Freiheit noch weitere Argumente gibt, die für diese spricht. So kann auch der Einsatz offener Standard weiter an Akzeptanz gewinnen.

Dieter Reiter, SPD: Für eine konsequente Umsetzung offener Standards in der öffentlichen Verwaltung wären zunächst einmal andere Kommunen, Landes- und Bundesbehörden der richtige Ansprechpartner.

4. Werden Sie durch oder im Auftrag der Stadt entwickelte Programme zukünftig als Freie Software veröffentlichen?

Andre Wächter, AfD: Das ist eine sehr gute Idee, die wir gerne übernehmen und vertreten.

Josef Schmid, CSU: Die Frage einer Veröffentlichung von selbst oder im Auftrag produzierter Software kann ich derzeit nicht beantworten. Hier müsste auf jeden Fall geprüft werden, ob die Stadt das Eigentum im Sinne der Gemeindeordnung verschenken dürfte.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Wenn das die bestehenden Verträge zulassen, ja. Wenn wir neue Verträge abschließen, werde ich entsprechend darauf hinwirken. Der Erfolg von LiMux hängt auch davon ab, ob andere Städte und Gemeinde nachziehen werden. Bei Software-Entwicklung muss man das Rad nicht immer wieder neu erfinden, uns entsteht kein Nachteil, wenn Code, der extra für uns programmiert wurde, ein zweites oder drittes Mal verwendet wird. Im Gegenteil. Wir können auch von gefundenen und gefixten Bugs profitieren. Security by obscurity hat selten zum Erfog geführt und darf nicht handlungsleitend für uns sein. Wenn Code mit Steuergeld finanziert wird, hat die Öffentlichkeit auch einen Anspruch darauf, diesen Code nutzen zu dürfen.

Brigitte Wolf, Die Linke: Ja natürlich, alles andere würde ja dem Prinzip der offenen Standards und dem Open-Source-Gedanken widersprechen. Die Stadt hat auch immer wieder von ihr oder in ihrem Auftrag entwicklelte Software frei zugänglich gemacht. Ein Beispiel wäre das Dokumentenvorlagesystem WollMux. An dieser Politik würde ich festhalten.

Tobias Ruff, ödp: Wir werden die Stadt München bitten, so vorzugehen.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Neben der Freiheit, die freie Software bietet, ist auch die Kostenersparnis ein entscheidender Punkt. Wenn die Stadt München selbst entwickelte Software wieder als freie Software zu Verfügung stellt, kann dies andere Kommunen davon überzeugen, selbst freie Software einzusetzen und Verbesserungen vorzunehmen, von denen München dann wieder profitieren kann.
Außerdem soll nach Meinung der Piratenpartei die Stadt München andere Kommunen beraten, die ebenfalls auf Freie Software wechseln möchten. (Siehe http://muenchen.piratenpartei-bayern.de/unser-programm/#linux)

Dieter Reiter, SPD: Wir werden prüfen, ob im Auftrag der Stadt entwickelte Programme künftig als freie Software veröffentlicht werden. Es mag aber auch gute Gründe geben, warum man diese mit Steuergeldern finanzierten Programme nicht grundsätzlich für alle kommerzielle Anwendungen freigibt.

5. Planen Sie, die Verbreitung von Freier Software und Offenen Standards im Münchner Stadtgebiet weiter zu fördern? Wenn ja, in welcher Weise?

Andre Wächter, AfD: Im Prinzip ja, konkrete Vorschläge dafür haben wir aber im Moment nicht.

Josef Schmid, CSU: Die Verbreitung Offener Software gehört nicht zu den Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. Sicherlich kann die Stadt, wenn sie gute Erfahrungen mit einer Anwendung gemacht hat, diese empfehlen. Ansonsten ist es jedem möglich sich selbst die entsprechenden Programme herunter zu laden.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Ja. Freie Software und Offene Standards gehören seit Langem zu grünen Positionen. Der Munich Open Government Day (MOGDy) war ein großer, erster Erfolg, den ich gerne wiederbeleben und weiterführen möchte. Gerne möchte ich öffentlche Daten der Stadtverwalung unter freien Lizenzen (die auch eine kommerzielle Nutzung erlauben) zugänglich machen und ein Datenportal der Landeshauptstadt München etablieren. Ich suche auch den Schulterschluss mit Organisationen und Projekten wie z:b. Code for Germany der OKFN.

Brigitte Wolf, Die Linke: Neben der Bereitstellung von freier Software sind wir auch für die Verfügbarkeit eines freien Netzes in München. Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, dass die Stadt München engagierten Bürgerinnen und Bürger beim Aufbau eines Freifunknetzes behilflich ist und ihre Gebäude dafür zur Verfügung stellt. Ich bin der Ansicht, dass die Stadt München vom Freifunk profitieren könnte. Zum einen könnte sie dem „digital divide“ (digitale Spaltung) innerhalb der Stadtgesellschaft vorbeugen. Bürgerinnen und Bürger, die sich einen eigenen Internetzugang nicht leisten können, könnten über den Freifunk online gehen. Zum anderen besitzen die meisten Besucherinnen und Besucher der Stadt München ein Smartphone, Tablet oder einen Laptop, mit dem sie ins Internet gehen können. Allerdings ist es, insbesondere für ausländische Touristinnen und Touristen sehr teuer, sich über das Telefonnetz mit dem Internet zu verbinden. Aber auch Hotelgäste auf Dienstreisen haben häufig ein Problem, wenn das Hotel selbst keinen Internetzugang anbietet. Ein flächendeckendes Angebot von freiem Internet durch ergänzende Anbringung von Routern an städtischen Gebäuden kann sich somit positiv auf die Tourismusfreundlichkeit der Stadt München auswirken.

Tobias Ruff, ödp: Ja, siehe Punkt 3.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Grundsätzlich möchten wir freie Software und offene Standards weiter verbreiten. Konkrete Pläne für eine Förderung im Stadtgebiet München haben wir leider nicht, weil wir als Partei, die aktuell nicht im Stadtrat vertreten ist, keine tieferen Einblicke in die Arbeitsweise der Verwaltung haben.

6. Anlässlich der Snowden-Enthüllungen stellt sich verstärkt die Frage der Vertraulichkeit von online-Kommunikation. Diese kann in der Praxis am ehesten durch öffentliche Verschlüsselungsverfahren (wie GnuPG) erreicht werden, normale E-Mail wird dagegen (wie eine Postkarte) für jeden lesbar übertragen. Kann man mit Ihnen persönlich verschlüsselt kommunizieren? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt München ihren Bürgern vertrauliche E-Mail-Kommunikationskanäle anbietet?

Andre Wächter, AfD: Ja, mit der Stadt muss auch verschlüsselte Kommunikation möglich werden. Ich bin an der Einrichtung der E-Mail-Verschlüsselung mehrfach gescheitert. Verschlüsselte Kommunikation muss auch für den IT-Laien benutzerfreundlich und plattformübergreifend in einem heterorogen Umfeld funktionieren.

Horst Münzinger, Bayernpartei: Der Schutz persönlicher Übermittlungskanäle und Daten vor dem Zugriff durch Dritte hat in der Kommunikation zwischen öffentlichen Stellen und Bürgern absoluten Vorrang. Bei der Übermittlung sehr vertraulicher Informationen setze ich – Sie werden lachen - nach Möglichkeit auf klassische Wege der Weitergabe. Deshalb benutze ich derzeit kein Kryptographiesystem.

Josef Schmid, CSU: Die CSU-Stadtratsfraktion hat mit einem Antrag die Überprüfung der Sicherheitsstandards angeregt. Auf Grund dieser Initiative ist die Stadtverwaltung bereits tätig und wird die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Dies ist auch der Feststellung geschuldet, dass auch Limux erhebliche Sicherheitsmängel aufweist.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Ja. Nur eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zwischen nicht-kompromittierten Systemen bringt ausreichend Sicherheit vor unbefugten Mitlesen. Deshalb werde ich mich als Oberbürgermeisterin dafür einsetzen, dass Bürgerinnen und Bürger sowohl mit der Stadtverwaltung als auch mit ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertraulich per E-Mail kommunizieren können.
Dabei setzen wir auf PGP als Verschlüsselung. Denkbar ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass E-Mails aus der Stadtverwaltung grundsätzlich signiert werden. Neben dem Sicherheitsaspekt trägt dies auch zur besseren öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung von verschlüsselter Kommunikation bei.

Brigitte Wolf, Die Linke: Ja das stimmt, selbst viele Netzaktivisten hätten eine so umfassende Überwachung der Online-Kommunikation vor den Snowden- Enthüllungen wohl für eine Verschwörungstheorie gehalten. Ich selbst kommuniziere leider nicht über end-to-end encryption. Das liegt aber in erster Linie daran, dass im meinen Umfeld die Wenigsten mit Verschlüsselungssoftware umgehen können. Und hier liegt, denke ich auch das Problem. Viele Menschen würden – gerade nach den Snwoden-Enthüllungen gerne verschlüsselt kommunizieren, können sich jedoch die Software nicht selbst installieren oder denken zumindest, dass sie das nicht könnten und nutzen sie aus einer Unsicherheit heraus nicht. Hier gibt es ja mittlerweile ganz gute Projekte, die die end-to-end-encryption für „jedermann“ ermöglichen wollen. Ein Beispiel wäre Kinko.me (https://kinko.me/de/). Aber generell sollte die öffentliche Verwaltung natürlich verschlüsselte E-Mail-Kommunikationskanäle anbieten und zwar nicht nur für diejenigen, die diese sowieso schon nutzen. Vielmehr würde ich mich dafür einsetzten, dass die Stadt ihren Bürgerinnen und Bürgern Informationen über die Software und Handhabung bereit stellt und erklärt wie diese funktionieren und warum sie wichtig sind. Dabei benötigen wir sicherlich Schulungen für die Beschäftigten. Hier würde ich mich dafür einsetzen, dass diese obligatorisch sind und schon während der Ausbildung angeboten werden. Eine weitere Option wäre es, die interne Kommunikation der städtischen Stellen auch über vertrauliche E-Mail-Kommunikationskanäle laufen zu lassen, hier handelt es sich oftmals ja auch um sensible Daten.

Tobias Ruff, ödp: Diese Problematik (Industriespionage) haben wir bereits in unseren Anträgen 2003 angesprochen.
Leider sind die gängigen Verschlüsselungsverfahren für einen Normalanwender noch zu kompliziert - überdies muss eine Kombination verschiedener Verfahren zum Einsatz kommen, damit nicht doch an einer Schwachstelle der Verschlüsselungskette ein Einbruch erfolgen kann:
Z.B. "Man-in-the-Middle"-Attacke oder kompromittierte Hardware selbst bei Perfect Forward Secrecy. Letzteres ist ja noch keineswegs verbreitet und auch wenn wir das aus den genannten Gründen immer noch nicht sicher genug finden, so erhöhen diese Techniken doch die Überwachungskosten enorm und die Überwacher müssten sich individuellen Zielen widmen anstatt automatisiert alles abzufischen.
Wir sind also sehr aufgeschlossen für praktikable Lösungen und werden diese auch unterstützen - momentan halten wir es für effektiver, die Erkenntnis zu verbreiten, dass wir in einem Überwachungsstaat leben und jeder Bürger so wenig Daten wie möglich in dieses System füttern soll. Eine Wahl der Haupt-Überwachungsparteien Rotgrünschwarzgelb verbietet sich von selbst - auf halbherzige Kritik von diesen Parteien an der Überwachung verzichten wir gerne, da diese nicht vorhaben, etwas zu verändern.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Ich selbst habe keinen PGP-Schlüssel unser Kreisverband leider bis jetzt auch nicht. Die Landeshauptstadt sollte diese Möglichkeit der Kommunikation für seine Bürger und Bürgerinnen schaffen. Übrigens unser Kreisverband auch. Ich selbst werde mich hier auch in die Pflicht nehmen.

Dieter Reiter, SPD: Man kann vertraulich kommunizieren - per Post oder auch im direkten Gespräch. Wenn der Bedarf für die 'unbequeme' verschlüsselte Kommunikation bei den Bürgerinnen und Bürgern steigt, werden wir solche Kommunikationskanäle in geeigneter Form anbieten. Für große Bevölkerungs­gruppen scheint uns die Technik nicht benutzerfreundlich genug zu sein. Sonst würden sie es tun.

7. Des Weiteren bittet Sie der FFII noch um Beantwortung der folgenden Frage: Kommunen können die in den Meldeämtern erhobenen Adressdaten ihrer Bürger verkaufen. Auch das in diesem Jahr in Kraft tretenden neue Meldegesetz sieht hier bloß die Möglichkeit vor, dass die Bürger dieser Verwendung ihrer Daten widersprechen können, nicht, dass diese nur mit ihrer Zustimmung mögliche wäre (“opt-out statt opt-in”). Wie stehen Sie zu diesem kommunalen Datenhandel? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt München sich zu einem opt-in Verfahren verpflichtet und die Meldedaten ihrer Bürger nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung weitergibt?

Andre Wächter, AfD: Hier wäre es vorzuziehen, einfach zu beschließen, dass die Stadt München unter keinen Umständen Adressen zum Datenhandel weitergibt. Opt-in sehen wir als zweitbeste Lösung, weil dies zusätzlichen Aufwand verursachen würde.

Horst Münzinger, Bayernpartei: Somit muss freilich auch die kommerzielle Weitergabe von Daten durch öffentliche Stellen ohne Genehmigung des Datenbereitstellers ausgeschlossen sein.

Josef Schmid, CSU: Ich habe mich schon bei der damaligen Diskussion um die Weitergabe dafür ausgesprochen, ein grundsätzliches Weitergabeverbot mit Zustimmungsoption einzuführen. Dieses müsste dann nur einmal beim Bürger abgefragt werden, oder bei der Ummeldung angegeben werden. Der Aufwand wäre aus meiner Sicht überschaubar.

Sabine Nallinger, Die Grünen: Ja. Es gibt ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das muss gerade für obligatorisch erhobene Daten von Behörden gelten. Staatliche Melderegister sind keine Grabeltische der Privatwirtschaft. Nur die Daten von Bürgerinnen und Bürgern, die explizit einem Verkauf der eigenen Daten zustimmen, werden weitergegeben (Opt-In-Verfahren). Das Interesse der Werbewirtschaft und von Adresshändlern muss hintanstehen.

Brigitte Wolf, Die Linke: Die öffentliche Hand sollte nicht einfach mit den personenbezogenen Daten handeln dürfen und schon gar nicht, wenn diese davon nichts erfahren bzw. erst selbst aktiv werden müssen, um dies zu verhindern. Die Kommunen sollten bei dem Umgang mit den Daten ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zudem zu Sensibilität und Datenschutz verpflichtet werden, ansonsten schwindet das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung. Außerdem ist es nicht nachvollziehbar warum Kommunen künftig nicht mehr ihre Bürgerinnen und Bürger schützen, sondern den Interessen der Werbewirtschaft entgegen kommen sollen.
Deshalb bin ich natürlich für ein opt-in Verfahren. Das neue Meldegesetz wurde bereits im Stadtrat behandelt bevor der Bundestag überhaupt zugestimmt hatte. Dabei wurde mit den Stimmen der LINKEN beschlossen, dass das KVR München Daten der der Münchnerinnen und Münchner nur für Werbezwecke herausgeben darf, wenn die Anfragenden eine Zustimmung der betreffenden Bürgerinnen und Bürger vorlegen. Der Handel von Adressdaten und die Nutzung von Meldedaten für Werbung oder Adresshandel werden zudem als Ordnungswidrigkeit geahndet, wenn keine Einwilligung vorliegt. Die Münchnerinnen und Münchner werden einmal jährlich durch Bekanntmachung auf die Möglichkeit der Einwilligung hingewiesen und auch nach der Einwilligung bei jeder An- oder Ummeldung auf den Meldeformularen gefragt ob diese weiterhin besteht. Der Stadtrat hat sich also bereits für ein opt-in Verfahren entschieden. (Quelle: http://www.ris-muenchen.de/RII2/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/2713608.pdf)

Tobias Ruff, ödp: Danke für diese Hinweise - Sie haben Recht, wir sollten uns gegen diesen Datenhandel einsetzen und wir werden dies künftig auch tun.

Thomas Ranft, Piratenpartei: Die Piratenpartei nimmt Datenschutz sehr ernst. Deshalb fordert die Piratenpartei, dass sich die Stadt München ausdrücklich einem Opt-In-Verfahren verpflichtet. (Siehe: https://wiki.piratenpartei.de/BY:M%C3%BCnchen/Kreisverband/Meldedaten)

Dieter Reiter, SPD: Das Meldegesetz ist Bundesangelegenheit. Wir geben zu bedenken, dass nicht nur Parteien, sondern auch viele Organisationen und Privatpersonen bei einem Opt-in-Verfahren Nachteile in Kauf nehmen müssten. Kommerzielle hingegen kaufen sich ihre Daten notfalls teuer woanders.