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Europäischer Gerichtshof bestätigt Rekordstrafe gegen Microsoft

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Der Europäische Gerichtshof hat eine Rekordstrafe für Microsoft bestätigt. Die Europäische Kommission hatte das Unternehmen im Jahr 2004 mit einer Strafe von 899 Millionen Euro belegt, weil Microsoft seine Vormachtstellung auf dem Desktop in den Markt für Arbeitsgruppenserver übertragen wollte. In einem Urteil vom Mittwoch entschied der EuGH, dass diese bis dahin beispiellose Geldbuße gerechtfertigt war.

Acht Jahre lang hat die Free Software Foundation Europe an diesem Fall mitgearbeitet, auch im Namen des Samba-Teams, das einen konkurrierenden Arbeitsgruppenserver als Freie Software entwickelt.

„Microsoft ist und bleibt ein verurteilter Monopolist. Die Firma konnte nur noch versuchen, über ihre Bestrafung zu verhandeln“, sagt Karsten Gerloff, Präsident der Free Software Foundation Europe. „Das Gericht hat die Geldbuße um weniger als fünf Prozent verringert. Das konsequente Vorgehen der Europäische Kommission war durchweg berechtigt. Wir haben hart daran gearbeitet, die Kommission in diesem Fall zu unterstützen und sind auf den Sieg, den wir erreicht haben, überaus stolz. Wir danken dem Samba-Team und allen, die uns in diesem Verfahren unterstützt haben. Wir hoffen, dass sich die Kommission weiterhin für freien Wettbewerb im Software-Markt einsetzt.“

Microsoft hatte sich geweigert, Konkurrenten einfache Schnittstelleninformationen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchten, um ein Ersatzprodukt für Microsofts Serverprogramm zu schreiben. Das Unternehmen machte die Herausgabe davon abhängig, dass die Wettbewerber auch eine Lizenz für die Patente des Software-Riesen erwarben. Das Gericht bestätigte die Haltung der Kommission, dass diese Strategie ein illegales Wettbewerbshindernis darstellte. So dient dieser Fall auch als Beispiel dafür, wie Patente auf Software den Wettbewerb im Markt schädigen.

„Wir haben erfolgreich das Recht von Freie Software-Entwicklern durchgesetzt, die Informationen zu erhalten, die sie brauchen, damit ihre Programme mit denen anderer Anbieter zusammen arbeiten können. Dennoch hat sich Microsoft bis zum Schluss gegen unsere legitimen Forderungen gesperrt,” sagte Carlo Piana, der die Free Software Foundation Europe und das Samba-Team in diesem Verfahren vertrat. „Die heutige Entscheidung stellt eindeutig klar, dass wir richtig lagen. Die Herausgabe der Informationen ist kein Zugeständnis des Unternehmens, sondern seine Pflicht.“

Die Bedrohung für den Wettbewerb im IT-Markt ist jedoch auch nach Abschluss des Verfahrens nicht vorüber. Microsoft versucht immer noch, weite Teile des Technologiemarktes unter seine Kontrolle zu bringen, und andere Unternehmen wie Apple verfolgen ähnliche Strategien. Die Firma benutzt weiterhin Patente um Gegner unter Druck zu setzen und sich an ihren Produkten zu bereichern. Microsoft steht auch hinter dem Versuch, Besitzer von Computern daran zu hindern, Software ihrer Wahl auf den Geräten zu installieren. Um diesen Gefahren entgegenzutreten, wird sich die Free Software Foundation Europe weiterhin für eine freie Informationsgesellschaft einsetzen und für die Interessen von Entwicklern und Benutzern freier Software arbeiten.

Hintergrund

Die Europäische Kommission entschied 2004, dass Microsoft den Wettbewerb im Servermarkt in gesetzwidriger Weise behinderte. Aber erst 2007 beugte sich das Unternehemn den Forderungen der Kommission und stellte seinen Konkurrenten die geforderten Interoperabilitätsinformationen zur Verfügung. Aufgrund dieser Verzögerung erhöhte die Kommission die ursprüngliche Strafe von 497 auf 899 Millionen Euro.

Diese Entscheidung focht Microsoft vor dem Europäischen Gerichtshof an. Die Firma behauptete, dass die geforderten Interoperabilitätsinformationen durch Patente und als Betriebsgeheimnis geschützt seien, und dass Microsoft daher für die Herausgabe erhebliche Gebühren von seinen Wettbewerbern fordern könne. Wettbewerber, die diese Informationen nutzten, sollten für jede verkaufte Kopie ihrer Software Lizenzgebühren an Microsoft zahlen.

FSFE und das Samba-Team (das ein Lizenznehmer der Interoperabilitätsinformationen, oder „WSPP“, über die Protocol Freedom Information Foundation ist) nahmen als Drittpartei an dem Fall teil, und stellten klar, daß fragliche Interoperabilitätsinformationen keineswegs "innovativ" im Sinne des Patentrechts sind. Diese Informationen waren nicht geheim, weil sie wertvoll waren; vielmehr waren sie wertvoll für Microsoft, weil ihre Geheimhaltung es anderen Anbietern schwer machte, gleichwertige Ersatzprodukte für Microsofts Arbeitsgruppenserver-Software zu entwickeln.

Kontakt

Karsten Gerloff
Präsident
gerloff@fsfe.org
+49 176 9690 4298

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