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WIPO

Intervention der Free Software Foundation Europe (FSFE)

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Konferenzen der WIPO-Mitgliedstaaten 43. Generalversammlung, Genf, 24. September - 3. Oktober 2007

Die FSFE möchte einige Kommentare zu verschiedenen Tagesordnungspunkten der diesjährigen Generalversammlung äußern. Aus Zeitgründen und auf Vorschlag des Vorsitzenden legen wir diese Kommentare hiermit schriftlich zur Kenntnisnahme vor.

Ansichten zu Beschaffungsentscheidungen der WIPO

In Bezug auf die Fragen der technischen Anforderungen und Systeme, die in einigen Tagesordnungspunkten diskutiert werden, schlägt die FSFE vor, dass die WIPO weiter an den bewährten Prinzipien Herstellerunabhängigkeit, Interoperabilität und Offene Standards bei all ihren Beschaffungen festhält. Als Referenzen auf diesem Gebiet dienen das European Interoperability Framework (EIF) der IDABC der Europäischen Kommission sowie die Arbeit, die auf diesem Feld von anderen Mitgliedstaaten geleistet wurde.

Die Erfahrung zeigt, dass Kosten wegen fehlender Interoperabilität leicht bis zu 40% des Budgets für Informationstechnologie ausmachen können, und dass sie die Kosten für alle Computernutzer, auch öffentliche Körperschaften, in die Höhe treibt. Diese fehlende Interoperabilität ist ein häufiges Ergebnis von herstellerspezifischen Beschaffungen ohne Offene Standards.

Interoperabilität und Offene Standards spielen auch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht Daten und Informationen langfristig zu speichern und fortwährenden Zugriff auf sie zu ermöglichen. Die FSFE ist der Ansicht, dass die Konzeption der WIPO als eine zwischenstaatliche Organisation mit verschiedenen Interessenvertretern unvereinbar ist mit der Abhängigkeit von den Produkten eines Herstellers, um auf ihre Daten zuzugreifen oder mit ihren Mitgliedstaaten zu kommunizieren.

Deshalb schlägt die FSFE vor, dass die Versammlungen der Mitgliedstaaten klare Richtlinien für das Management der WIPO aufstellt, damit die Herstellerunabhängigkeit, Interoperabilität und Offene Standards in allen Beschaffungsentscheidungen gewährleistet bleiben.

Zu einer Entwicklungsagenda der WIPO

Die FSFE gratuliert den WIPO-Mitgliedstaaten zu ihrer Übereinkunft, zusammen einige konkrete Punkte auszuarbeiten, um eine Entwicklungsagenda der WIPO zu begründen. Wir haben diesen Prozess die letzten Jahre über verfolgt und werden auch weiter unseren Beitrag dazu leisten, dass diese Diskussionen und ihre Umsetzung zu einem erfolgreichen Ende kommen.

Was unsere Anmerkungen zur Interoperabilität, Offene Standards und der Herstellerunabhängigkeit betrifft, so glauben wir, dass diese Angelegenheiten auch ein Bestandteil der Diskussionen zur Entwicklungsagenda sein sollten, besonders im Cluster A, einschließlich der Punkte 7, 10 und 11.

Im Cluster B, unter Punkt 22 und 23, möchte die FSFE die Rolle betonen, die Freie Software bei der Schaffung und Aufrechterhaltung eines offenen, konkurrenzbetonten und innovativen Technologiesektors spielt. Freie Software ist oft die einzige verbliebene Konkurrenz auf Märkten, die von Monopolen beherrscht werden, und die beste Möglichkeit, wieder eine Wettbewerbssituation herzustellen.

Als Referenzen möchten wir auf Untersuchungen verweisen, die die Europäische Kommission seit 1998 auf diesem Gebiet durchgeführt hat und auf die kürzlich getroffene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in erster Instanz. Diese Entscheidung betraf zwei Marktsegmente, eines davon war das "Work Group Server" Segment. Dieser Markt ist von einem Monopol beherrscht, das durch Behinderung von Interoperabilität geschaffen wurde. Freie Software ist der einzige verbliebene Konkurrent und ist im Moment die Grundlage für Konkurrenzprodukte von vier großen Herstellern.

In Bezug auf Cluster C möchte die FSFE unterstreichen, wie wichtig es ist die Rolle der Freien Software im Technologietransfer und bei der Bildung von Kapazitäten zu diskutieren, wie auf dem Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) in Genf vereinbart, in Bezug auf Punkt 24. Im Aktionsplan des WSIS heißt es unter Sektion C3, 10, Punkt e:

"Die Forschung unterstützen und allen Interessenvertretern bewusst machen, welche Möglichkeiten die verschieden Softwaremodelle bieten, die Methoden zeigen, wie Software entwickelt wird, einschließlich proprietärer Software, Open Source und Freier Software, und damit den Wettbewerb fördern, eine freie Wahl und erschwingliche Preise gewährleisten, sowie allen Interessenvertretern die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, welche Lösung am besten ihren Anforderungen entspricht."

Die FSFE hält es für unbedingt notwendig, dass den baldigen Diskussionen zur Entwicklungsagenda in der WIPO ausreichend Ressourcen zugebilligt werden, damit diese Arbeit in absehbarer Zeit mit konkreten Ergebnissen abgeschlossen werden kann.

Zu den künftigen Aufgaben des ständigen Ausschusses zu Urheberrecht und verwandte Rechte (SCCR) und des ständigen Ausschusses zum Patenrecht (SCP)

Bezüglich Tagesordnungspunkt 17, die zukünftigen Projekte des SCCR, möchte die FSFE ihre Unterstützung für das im September 2006 unterzeichnete "Joint Statement of Certain Civil Society, Industry and Rightholders Representatives Regarding the Draft Basic Proposal for SCCR 15" noch einmal betonen.

Was die große Menge von dringenden Problemen beim Urheberrecht und verwandten Rechten betrifft, einschließlich dem möglichen Abkommen zum offenen Zugang zu Wissen, der Diskussion über Begrenzungen und Ausnahmen und alternative, auf dem Urheberrecht basierende, Systeme wie z. B. Creative Commons oder Freie Software, die Kreativität stärker fördern, so ist die FSFE der Ansicht, dass diese Punkte Vorrang haben sollten vor Dingen, über die in den nächsten Jahren wohl keine Einigung erzielt werden kann.

Außerdem vertritt die FSFE bezüglich Tagesordnungspunkt 19 die Auffassung, dass der SCP die Auswirkungen des Patentrechts auf IT Standards analysieren sollte, einschließlich möglicher Kartellprobleme, was nach unserer Erfahrung wichtig ist und zum Gesamtbild gehört.