Legal and Licensing Workshop 2017: Die zehnte Ausgabe mit dem "Neustart" der Debatten rund um die Lizensierung Freier Software
Im April veranstaltete die FSFE ihren jährlichen Free Software Legal and Licensing Workshop(LLW): Ein Treffpunkt für Rechtsexperten aus der ganzen Welt, um Probleme und bewährte Verfahren rund um Freie-Software-Lizenzen zu diskutieren. Dieses Jahr wurde die 10. Ausgabe des LLW gefeiert, und dies mit einer Rekordzahl an Teilnehmern: 120 Rechtsexperten und Fachpersonen reisten nach nach Barcelona (Spanien), um dort drei Tage lang die rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit Freier Software zu diskutieren.
Das Motto des Workshops hieß dieses Jahr "Restart" (Neustart). Aufbauend auf den Themen der vorherigen Veranstaltungen, schien es notwendig, einige besonders wichtige Debatten wieder aufzugreifen, um neu aufkommende Herausforderungen anzusprechen. Die Experten hatten die Möglichkeit, viele verschiedene rechtliche Probleme zu diskutieren, so zum Beispiel: Open Data und Hardware, Open Government, Tools für Rechtsanwälte, Softwarepatente, Copyright-Trolle und bereits bestehende Probleme beim Thema Free Software Compliance (Einhaltung der Lizenzbestimmungen). Insgesamt gab es über 35 Präsentationen von international anerkannten Vortragenden mit langjährigen Verdiensten in diesem Feld.
Die Veranstaltung stand allen Mitgliedern unsers Legal Network offen. Den Teilnehmer war es durch die Chatham-House-Regel möglich, vertrauliche Diskussionen unter fairen Bedingungen zu führen.
Jake Edge von LWN.net berichtete vom Event-Teil und hob die folgenden Diskussionen, die während des Workshops stattfanden, besonders hervor:
Shane Coughlan, Armijn Hemel und Marc Radcliffe nahmen an einer Podiumsdiskussion zum Thema "Aufstieg der Copyright-Trolle" teil. Copyright-Trolle sind zwar kein neues Phänomen in der Welt der Freien Software, jedoch analysierten die drei Diskussionsteilnehmer die Methodik hinter derlei Durchsetzungsbemühungen (basierend auf dem Fall McHardy in Deutschland) und diskutierten Wege, dieses Problem durch Governance in Freie-Software-Projekten anzugehen.
Max Mehl, Programmmanager der FSFE, stellte dem Publikum seine Bedenken über die EU-Funkanlagen-Richtlinie (englisch RED, die FSFE spricht von "Funkabschottung" oder "Radio Lockdown") vor. Die RED wird womöglich dazu führen, dass Gerätehersteller den Zugang zu ihrer Hardware einschränken, sodass Verbraucher und Händler nicht von ihrem Recht Gebrauch machen können, eine alternative Software ihrer Wahl darauf zu installieren. Die Unsicherheit über die kürzlich erlassenen Anforderungen an Hardwarehersteller stellt eine Gefahr für Freie-Software-Unternehmen und -Projekte dar, weshalb eine baldige Reaktion auf diese Probleme essentiell für die Softwarefreiheit auf allen Geräten mit Funkantennen, also auch Laptops und Smartphones, ist. Außerdem präsentierte Max Mehl die gemeinsame Erklärung gegen Funkabschottung, unterzeichnet von beinahe 50 Organisationen und Firmen, und lud alle dazu ein, sich an den entsprechenden Diskussionen zu beteiligen, indem man sich auf der eigens dazu eingerichteten Mailingliste einträgt.
Luis Villa, einer der Vortragenden zum Thema Open Data, legte seinen Fokus auf die rechtlichen Auswirkungen, die man bei diesem Thema beachten sollte, besonders im Fall von maschinenlesbaren Datensätzen. Fragen, die zunächst noch ungeklärt sind, sind laut Luis Villa: Privatsphäre, Konflikte zwischen unterschiedlichen Rechtsordnungen, Urheberrechtsansprüche sowie aktuell das "Recht auf Erklärung" (Right to Explanation). Es gebe in diesen Bereichen bereits einen Trend zu Open Data, jedoch bleibt die rechtliche Frage: Kann eine Urheberrechtslizenz offen sein und gleichzeitig all diese Probleme ansprechen? Die regulatorische Antwort seitens der Regierungen ist möglicherweise nicht die beste Lösung, um die nötigen Anreize zu schaffen, so Luis Villa.
Die Zuliefererkette in der Welt der Freien Software ist komplex und global, sie ist durch zahlreiche Compliance-Probleme innerhalb von Freie-Software-Lizenzen geprägt. Shane Coughlan beschreibt das OpenChain-Projekt als ein Mittel, das Firmen dabei hilft, Compliance innerhalb der Supply Chain nachzuverfolgen, ganz gleich der bevorzugten Freie-Software-Lizenz.
Ein weiteres aktuelles Projekt – präsentiert von den Pionieren der GPL-Compliance, Shane Coughlan und Armjin Hemel – ist der Leitfaden "Practical GPL Compliance", welcher Individuen und Firmen Hinweise für eine bessere GPL-Compliance bei der Arbeit mit Freier Software geben soll.
Zuguterletzt gab es dieses Jahr auch einen "Neustart" für unsere schon lange Zeit bestehende treuhänderische Lizenzvereinbarung (englisch FLA). Das FLA ist ein ausgewogenes Contributor Agreement, das den Treuhänder dazu bevollmächtigt, die Offenheit und Freiheit der Drittsoftware stets zu gewährleisten. Matija Šuklje, der vorherige Koordinator für Rechtsfragen bei der FSFE und treibende Kraft hinter der Aktualisierung des FLA, präsentierte die Herausforderungen, den Prozess und die Änderungen, die zum FLA-2.0 führten. Einer der wichtigsten Änderungen des Updates ist, dass das FLA nun auch Patente abdeckt und praktischere Outbound-Licensing-Optionen ermöglicht, inklusive einer Referenz auf eine externe Licensing Policy. Außerdem wurden an Sprache und Formulierungen einiges verbessert, sowohl bezüglich der Kompatibilität mit anderen Rechtsordnungen als auch bezüglich Verständlichkeit und Anwendbarkeit. Die finale Fassung des Texts sowie eine neue Website werden in den nächsten Wochen veröffentlicht.
Der Workshop wäre ohne die großzügige Unterstützung unserer Sponsoren nicht möglich gewesen. Vor allem möchten wir uns bei unseren Platinum-Sponsoren bedanken: Intel, Red Hat und The Linux Foundation.