FSFE Newsletter - Dezember 2012
Großbritannien: Kleine aber bedeutende Schritte für mehr Freie Software
Am 7. November haben mehrere politische Kandidaten aus dem Manchester Central Wahlbezirk in der “Manchester Digital Debate” teilgenommen. Die Debatte wurde von unserem UK Koordinator Sam Tuke und der Open Rights Group (ORG) organisiert. Die Veranstaltung ist Teil der FSFE „Ask Your Candidates“ Kampagne, die (lokale) Politiker mit digitalen Themen konfrontieren soll, mit denen sie sich normalerweise nicht auseinandersetzen.
Zusätzlich zu diesen wichtigen Schritten auf lokalem Niveau hat die Britische Regierung eine neue Richtlinie für Offene Standards veröffentlicht. In der Zukunft müssen sich alle Britischen Regierungsorgane an Offene Standards halten oder eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Die FSFE begrüßt diesen Schritt und besonders die gute Definition von Offenen Standards in dieser Richtlinie. Diese enthält zudem eine weitere langjährige FSFE Forderung: die Berücksichtigung von Kosten aus einer Software Lösung auszusteigen. Ab sofort müssen Britische Behörden beim Kauf von Software auch die Kosten für einen eventuellen Ausstieg berücksichtigen. Das bedeutet, dass Behörden nicht einfach Freie Software ausschließen können, weil sie an die Dateiformate eines bestimmten Herstellers von proprietärer Software gebunden sind. FSFE Präsident Karsten Gerloff hat die neue Richtlinie im Detail analysiert.
Secure Boot: FSFE begrüßt Eckpapier der Deutschen Regierung zu „Trusted Computing“ und „Secure Boot“
Wir wollen sicherstellen, dass Sie die Kontrolle über Ihren Computer haben. Diese Kontrolle ist momentan durch „Secure Boot“ eingeschränkt. Als erste Regierungsstelle hat das Deutsche Innenministerium am 19. November eine Veröffentlichung zum Thema „Trusted Computing“ und „Secure Boot“ herausgegeben. Das Eckpunktpapier sagt aus, „Der Geräteeigentümer muss über die vollständige Kontrolle der gesamten ‚Trusted Computing‘-Sicherheitssysteme seiner Geräte verfügen.“ Diese Aussage deckt sich mit einer Schlüsselforderung der FSFE vom Anfang der Debatte. Das Dokument fordert weiter „die Nutzer [sollen] in die Lage versetzt werden, eine fundierte Entscheidung zu Erwerb und Einsatz solcher Systeme zu treffen.“
Eine weitere Forderung der FSFE wird auch in dem Eckpapier behandelt: Käufer müssen vor dem Kauf von Geräten ausführlich über die in dem Gerät implementierten technischen Maßnahmen informiert werden, insbesondere über spezifische Nutzungseinschränkungen und deren Konsequenzen für den Benutzer: „Bei der Auslieferung von Geräten müssen ‚Trusted Computing‘-Sicherheitssysteme deaktiviert sein (‚Opt-in‘-Prinzip). Geräte-Eigentümer müssen in der Lage sein, aufgrund der vorausgesetzten technischen und inhaltlichen Transparenz von ‚Trusted Computing‘-Lösungen eigenverantwortliche Entscheidungen zur Produktauswahl, Inbetriebnahme, Konfiguration, Anwendung und Stilllegung zu treffen. Eine spätere Deaktivierung muss ebenfalls möglich sein (‚Opt-out‘- Funktionalität) und darf keine negativen Einflüsse auf die Funktionalität der Hard- und Software haben, die nicht die Funktion der ‚Trusted Computing‘-Technik nutzen.“
Obwohl alles, was die Deutsche Regierung hier aussagt, selbstverständlich sein sollte, ist es das leider nicht. Die FSFE wird weiter mit anderen Regierungen über diese Probleme sprechen, um deren Verständnis der politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Technologie zu verbessern.
Deutsche Städte: Zwei gute Nachrichten und eine schlechte
Als erstes die schlechte Nachricht: die Stadt Freiburg hat beschlossen von OpenOffice.org wieder auf Microsoft Office umzustellen. Die Studie, auf deren Grundlage sie die Entscheidung gefällt haben, wurde eine Woche vor der Entscheidung veröffentlicht, was wir und andere Freie Software Organisationen schon zuvor kritisiert haben. Eine unglückliche Nachricht. Aber wie Rob Weir von IBM in seinem Artikel über die Freie Software Gemeinschaft schrieb, tendieren wir dazu, nur die schlechten Nachrichten zu sehen und die guten Sachen zu vergessen.
Und jetzt die guten Nachrichten: Einerseits hat die Stadt Leipzig gerade 4200 Arbeitsplätze auf OpenOffice umgestellt. Zum anderen hat München angekündigt, dass die Stadt über 10 Millionen Euro mit Freier Software gespart hat. Wenn Sie mit guten Nachrichten aus den öffentlichen Verwaltungen Europas auf dem laufenden gehalten werden wollen, dann ist das „Join-up Portal“ der Europäischen Kommission eine gute Quelle.
Etwas gänzlich anderes
- LWN schreibt eine gute Zusammenfassung von Karsten's Vortrag “All watched over by machines of loving grace” über Gesellschaft, Macht und Kontrolle. Nebenbei empfiehlt Karsten Deutschen Behörden, den Code von Handy Apps zu veröffentlichen.
- Unser Finnischer Team Koordinator Otto Kekäläinen und der Dänische Hacker Ole Tange haben den Nordischen Preis für Freie Software 2012 empfangen. Die Schwedische Vereinigung für Freie Software und Freie Kultur (FFKP, Föreningen Fri Kultur och Programvara) zeichnet damit Leute und Projekte aus, die wichtige Beiträge zur Freiheit von Software gemacht haben. Herzlichen Glückwunsch Otto und Ole!
- “Fuck you, this is my culture!”. Mit dieser Aussage beendete Amelia Andersdotter (schwedische Piratenpartei) ihre Rede auf dem Internet Governance Forum. Dabei trug sie ein T-Shirt der European Parliament Free Software User Group (EPFSUG).
- Radio Orange hat ein Interview mit Matija Šuklje, Jürgen Kneissl, Peter Bubestinger and Martin Gollowitzer (alle FSFE) zum Thema Freie Software, Software Patente und andere verwandte Themen gemacht. In 2012 hat Radio Orange den Document Freedom Day-Preis erhalten, weil sie alle Sendungen im Ogg Vorbis Format anbieten.
- Auch zum Thema Software Patente hat Richard Stallman einen interessanten Artikel für WIRED geschrieben. Darin schlägt er vor, den Effekt von Patenten zu verändern: „Wir sollten gesetzlich festlegen, dass die Entwicklung, Verbreitung oder Nutzung von Programmen auf universeller Computer Hardware keine Patentverletzung darstellt.“
- Der ehemalige KDE Präsident ruf dazu auf, den Personenkult in der Freien Software zu beenden.
- Mark Lindhout hat das standard Fellowship Blog Theme “Pome” auf seinem Github Account veröffentlicht und lädt alle zum beitragen auf!
- Erinnern Sie sich an die Zeit des Browser Bundlings? Oder an das Samba Kartellverfahren? Dann können Sie sich auch an dem XKCD Comic namens "Microsoft" erfreuen.
- Vom FSFE Planet, der Sammlung von Blogeinträgen zur FSFE:
- Suchen Sie nach einem selbst gemachten Weihnachtsgeschenk für Ihre Oma? Wie wäre es mit einem Hörbuchspieler mit Ein-Knopf-Bedienung? Michael Clemens beschreibt, wie er dieses Gerät mit einem Raspberry Pi für seine 90-jährige Großmutter gebaut hat.
- Die FSF hat begonnen, gescannte copyright assignments aus Deutschland zu akzeptieren. [Update: Ein Link entfernt]
- Erik Albers schrieb über seine Erfahrungen mit Ubuntu auf dem Nexus 7 während er und Torsten Grote den Free Your Android Workshop auf der SFSCON in Bolzano leiteten. Albert Dengg hat in Österreich Vorträge gehalten und in unserer Rubrik Veranstaltungen können Sie Informationen über Free Your Android Veranstaltungen finden.
- Otto schrieb über den WOW Effekt und eine Wunschliste für zukünftige Mobilgeräte. Henri Bergius hat einen ausführlichen Artikel über Jolla’s Sailfish OS geschrieben.
- Wie öffnet man Computertomographie (CT) Bilder (DICOM)? Unser Präsident, Karsten Gerloff, hat seinen Fuß gebrochen, damit Sie das herausfinden können.
- Was kann man von dem Skolelinux Pilot Projekt in Rheinland-Pfalz lernen? Guido Arnold hat eine Zusammenfassung über Kurt Gramlich’s Projekt in Englisch geschrieben, damit mehr Menschen herausfinden können, was nach der ersten Euphorie passiert ist und warum das Pilotprojekt als Fehlschlag bewertet werden kann.
- Es gab mehrere Berichte von Veranstaltungen: Erik Albers hat den Free Your Android Workshop auf FSCONS organisiert, wo Fellow Bjarni Einarsson ein (fast) zerstörtes Handy gerettet hat. Ana berichtete über ihre hohen Erwartungen an FSCONS und wie ein perfektes Wochenende aussieht.
- Isabel Drost hat 11 Berichte über die ApacheCon Europe geschrieben.
- Mirko Böhm berichtet (in Deutsch) über den Summit of Newthinking (Erster und zweiter Tag) und über unseren Workshop bei einer Veranstaltung der Grünen über Internet Politik.
- Und schließlich können Sie auch Leena Simon’s Blog Artikel lesen, um herauszufinden, warum South Park am Urheberrecht gescheitert ist.
Werden Sie aktiv: Neues Jahr, neue Spenden!
Es ist das Jahresende und wie Reinhard Müller, der Finanzchef der FSFE, möchte Ihr Redakteur das Jahr 2013 mit einer guten Geldreserve anfangen. Helfen Sie uns darum bitte, unsere Kriegskasse zu füllen:
- Wenn Sie noch kein FSFE Fellow sind, dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu ändern und uns mit einer Spende zu unterstützen.
- Besuchen Sie die Webseiten unserer Unterstützerprogramme, um herauszufinden, wo Sie für Weihnachten einkaufen können und installieren Sie unsere Plugins. Wenn Sie Buchtipps brauchen, stellt Ihnen Ihr Redakteur eine Liste mit Buchempfehlungen zur Freien Software zur Verfügung.
- Und bitte überzeugen Sie Ihren Arbeitgeber, uns zu unterstützen und sich auf unsere Spenderliste aufnehmen zu lassen (Wenn Sie nicht alleine mit Ihrem Arbeitgeber sprechen möchten, können Sie auch gerne mit uns Kontakt aufnehmen und uns mitteilen, an wen wir uns wenden können).
Vielen Dank an alle Fellows und
Spender, die unsere Arbeit ermöglichen,
Matthias Kirschner - FSFE
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