EU-Browserprozess: Details der Vereinbarung werden laut FSFE entscheidend sein
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) gratuliert der EU-Kommission zu ihrer beständigen Haltung in der kartellrechtlichen Untersuchung gegen Microsoft, die die Firma dazu gebracht hat, eine Vereinbarung anzubieten. Wie auch immer eine derartige Vereinbarung aussehen mag, werden richtig ausgearbeitete Details entscheidend für Wettbewerb und Innovation am Browsermarkt sein.
"Um eine wirkliche Auswahl für die Konsumenten zu sichern, muss der Auswahlbildschirm nicht nur den europäischen Windowsbenutzern, sondern allen Benutzern weltweit zur Verfügung stehen", sagt Karsten Gerloff, Präsident der FSFE. "Die Firma Microsoft erhält ihre Dominanz aufgrund der illegalen Praxis, den Internet Explorer mit Windows-Betriebssystemen zu bündeln, aufrecht - auf allen Märkten, wo sie ihre Software verkauft. In einem global vernetzten Markt müssen auch die Lösungen global sein."
Als interessierte Dritte behält die FSFE die Forderung aufrecht, dass jeder Vergleich die konkurrierenden Browser mit dem Internet Explorer gleichstellen muss. Sie müssen außerdem genauso einfach zugänglich und in das Betriebssystem integriert sein, wie Microsofts eigener Browser.
Der Auswahlprozess für die im Auswahlbildschirm verfügbaren Browser ist ein Schlüsselpunkt des Vorschlags. Dieser Prozess muss auf einem klar definiertes Verfahren aufbauen, das von der EU-Kommission genau kontrolliert wird.
"Die Browser einfach nach ihrem Marktanteil aufzunehmen würde den Markt eher in seinem jetzigen Zustand einfrieren, als ihn zu beleben. Stattdessen sollten Markttendenzen und plattformübergreifende Verfügbarkeit jedes Browsers als Schlüsselparameter für diese Auswahl herangezogen werden", sagt Adriaan de Groot, Koordinator für Rechtsangelegenheiten bei der FSFE.
Die FSFE wird die EU-Kommission weiterhin in ihrem Bemühen unterstützen, gerechten Zugang, Wettbewerb und Innovation am Webbrowsermarkt zu schaffen. Wettbewerbsschädigendes Verhalten sieht die FSFE als inakzeptabel an, egal ob es im "Verknüpfen" von Produkten oder im Umgehen von Standards und gerechtem Zugang besteht.
Die FSFE fördert Entscheidungsfreiheit und schützt Offene Standards. Dies beinhaltet die Arbeit gegen den Missbrauch von Standards durch proprietäre Erweiterungen, die das Internet unrechtmäßig teilen. Sie begrüßt die Teilnahme jeder Firma am Browsermarkt, inklusive der Optimierung ihrer Produkte für gute Funktionalität auf den Zielplattformen.
Es sollte sich aber keine Firma in einer Position befinden, die ihr erlaubt, das zukünftige Aussehen des Internets zu diktieren, indem sie unter Ausnützung von Plattformdominanz durch Kontrolle von Server und Client Standards aushöhlt.
Frühere Stellungnahmen der FSFE zu diesem Thema finden sie hier:
- Webbrowser-Interoperabilität: Die FSFE begrüßt die Entscheidung der EU-Kommission und bietet Unterstützung an
- Die FSFE engagiert sich im EU-Browserprozess
Den Brief der FSFE an EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes finden sie hier:
Hintergrund:
Die FSFE hat bereits 2001 die Generaldirektion der EU-Kommission bei ihrer Untersuchung gegen Microsofts Geheimhaltung von Interoperabilitäts-Daten unterstützt. Dies war das ersten Mal, dass die Freie-Software-Gemeinschaft in einen derartigen Fall hineingezogen wurde und half, 2004 zu einer abschließenden Entscheidung gegen Microsoft zu kommen, die forderte, Interoperabilitätsinformationen zu veröffentlichen.
Die Entscheidung wurde 2007 vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften bestätigt, wodurch Samba und die ganze Gemeinschaft schlussendlich Zugang zu den Interoperabilitätsinformationen bekam, und zwar unter Bedingungen, die mit der GNU General Public License in Einklang standen. Diese Informationen werden nun in besserer Software mit größerer Interoperabilität implementiert, die dem gesamten IT-Ökosystem zugutekommen.
Über die Free Software Foundation Europe:
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige, regierungsunabhängige Organisation, die in vielen Ländern Europas aktiv und in vielen globalen Aktionen involviert ist. Der Zugang zu Software entscheidet über die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft. Um Chancengleichheit im Informationszeitalter und die Freiheit des Wettbewerbs sicherzustellen, widmet sich die Free Software Foundation Europe (FSFE) der Förderung Freier Software, welche dadurch definiert wird, dass sie von jedem Menschen uneingeschränkt benutzt, untersucht, verändert und weitergegeben werden kann. Dies ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und der Freien Software politische und rechtliche Sicherheit zu verschaffen, sind die wichtigsten Ziele der FSFE, die 2001 gegründet wurde.
Pressekontakt:
- Karsten Gerloff,gerloff@fsfe.org, +49 176 9690 4298
- Adriaan de Groot, groot@fsfeurope.org
- Carlo Piana, carlo@piana.eu