Softwarepatente in Europa
[Einführung | Hintergrund | Status | Weiterführende Literatur]Aktueller Stand
Der ursprünglich von der EU-Kommission eingebrachte Vorschlag für die Direktive wurde heftig kritisiert, da er die unbeschränkte Patentierbarkeit von Software erlaubte, obwohl er den Anspruch stellte, dies nicht zu tun.
24. September 2003: Das Europäische Parlament, das
einzige Organ der EU, das von ihren Bürgern direkt gewählt wird, musste über
den Kommissionsvorschlag entscheiden. Unter Einbeziehung der Bedürfnisse der
Bürger Europas und der Präferenz der Industrie gewährte das Parlament die
Direktive, nachdem sie die Reichweite der Patentierbarkeit derart
eingeschränkt hatte, dass reine, abstrakte Software ohne technischen Bezug
ausgeschlossen wurde.
Diese Entscheidung wurde von vielen als Sieg für die Demokratie und ein
Schritt in Richtung einer EU mit mehr Transparenz und Mitbestimmung gesehen.
18. Mai 2004: Der Rat der Europäischen Union, dem die Minister ihrer Mitgliedstaaten angehören, wies die Version des Parlaments zurück. Stattdessen einigte er sich auf einen neuen Vorschlag der Kommission, der weitgehend dem ursprünglichen entsprach, in einigen Punkte sogar noch schlechter war. Die formale Annahme des Vorschlags wurde jedoch verzögert.
21. Dezember 2004: Die Direktive wurde als
sogenannter "A-Punkt", der ohne vorherige Diskussion angenommen werden
sollte, auf die Tagesordnung des EU-Rats für Landwirtschaft und Fischerei
gesetzt.
Polens Vizeminister für Wissenschaft Wodzimierz Marcinski, ein eigentlich
unerwarteter Teilnehmer, legte gegen diesen Punkt ein Veto ein, sodass er
von der Agenda gestrichen wurde. Polen erhielt für diesen Akt der
Verteidigung der Demokratie viel verdienten Applaus und verhinderte damit
ernsten Schaden an der Europäischen Wirtschaft.
7. März 2005: Ein schwarzer Tag für die Demokratie, die Bürger und die Wirtschaft Europas. Unter bemerkenswerter Missachtung der Demokratie erzwang die EU-Präsidentschaft die Softwarepatent-Direktive als A-Punkt auf der Tagesordnung. Dies wurde gegen den ausdrücklichen Willen einiger bei dem Treffen vertretener Staaten und unter Missachtung des EU-Parlaments und mehrerer nationaler Parlamente durchgesetzt. Die offiziell verkündete Begründung dafür waren "formale Verfahrensregeln".
6. Juli 2005: Mit einer überwältigenden Mehrheit von 648 aus 680 Stimmen verwarf das EU-Parlament die gesamte Softwarepatent-Direktive, womit es ein starkes Signal gegen Softwarepatente in Europa und ein Zeichen gegen die Korruption demokratischer Prozesse aussandte. Nun wird es wichtig sein, eine demokratische Kontrolle für das Europäische Patentamt einzusetzen -- weitere Informationen dazu sind auch in der Pressemitteilung der FSFE verfügbar.