FSFE Newsletter – September 2014
Ein Einblick in Freie Software und die Befreiung des Cyberspaces
Die freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Privatsphäre sind essentielle Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft. Wenn eine dieser Freiheiten eingeschränkt wird, ist es schwierig, die anderen aufrecht zu erhalten. Als Gesellschaft ist es wichtig, diese Freiheiten zu verteidigen. Besonders in Hinblick auf die grundlegenden Änderungen, die von der Allgegenwärtigkeit von Computern angestoßen wurden. Solche Änderungen können alte Freiheiten gefährden und den Bedarf an neuen Freiheiten entstehen lassen. Daher ist die Freiheit von Software entscheidend, um die Macht in der Gesellschaft zu verteilen und zu balancieren. Die FSFE ist überzeugt, dass eine freie Gesellschaft jene Freiheiten braucht, welche nur Freie Software bieten kann. Deshalb stehen wir für Freie Software.
Im Jahr 2010 schrieben wir den Aritikel „Demokratie benötigt Freie Software“, der diese Meinung den Politikern auf genau der Veranstaltung erklärte, bei welcher der FSFE auch die Theodor-Heuss-Medallie überreicht wurde. Durch die großartige Arbeit des Übersetzer-Teams der FSFE ist der Artikel mittlerweile in 15 Sprachen verfügbar und weit verbreitet.
Seit letztem Monat wird die Nachricht, wie wichtig Freie Software ist, von Richard Stallmann in dem kurzen TEDx Video "Introduction to Free Software and the liberation of cyberspace" verbreitet. Das ist ein guter Weg, um anderen näher zu bringen, wie und vor allem warum Freie Software so wichtig ist. Wir möchten, dass mehr Menschen verstehen, warum Freie Software für eine Freie Gesellschaft elementar ist. Das nachfolgende Beispiel erläutert das einmal mehr.
Die Slovakei zwingt Nutzer immer noch dazu, nicht-freie Software zu verwenden
Im Jahr 2012 engagierte sich die FSFE, dank unseres früheren Praktikanten Martin Husovec, zusammen mit dem EISi (dem Institut zur Europäischen Informationsgesellschaft), im Fall gegen die slovakische Steuerbehörde. Unser jetziger Praktikant Matej Gera schreibt in seinem Blog über das weiterhin andauernde Problem. Die slovakische Steuerbehörde zwingt Menschen zur Nutzung nicht-freier Software. Einer neuen Gesetzeslage in der Slovakei zufolge müssen Personen, die Agrarland besitzen und verkaufen wollen, zunächst ein Angebot auf der Webseite des Landwirtschaftsministeriums platzieren. Um jedoch sein Angebot auf der Webseite zu veröffentlichen, benötigt man ein spezielles Programm. Die fragliche Software ist proprietär und nur für Microsoft Windows Betriebssysteme verfügbar. Und das ist die einzige Möglichkeit. Es gibt kein Formular auf Papier. Wenn man versuchen würde, sein Land auf eine andere Weise zu verkaufen, würde man das Gesetz brechen.
Diese Vorgehensweise ist nicht nur für Nutzer Freier Software unakzeptabel, sondern auch selbst in der Solwakei rechtswidrig. Seit 2008 gibt es eine Vorschrift, die es der öffentlichen Verwaltung verbietet, den Nutzern ein bestimmtes Betriebssystem vorzuschreiben. Die Webseite des Ministeriums beugt sich dieser Vorschrift jedoch nicht. Das Slovakische EISi hat als gemeinnützige Organisation einen Brief an das Landwirtschaftsministerium geschickt, um diese Vorgehensweise zu beenden. Wenn das Ministerium der Aufforderung nicht nachkommt und bis Oktober eine interoperabele Lösung anbietet, wird das EISi vor Gericht ziehen, um die Rechte der slovakischen Software Nutzer zu schützen.
Internetanbieter erzwingen Benutzung bestimmter Hardware
Es sollte in unserer Gesellschaft selbstverständlich sein, dass wir uns frei für die technischen Geräte in unserem Zuhause entscheiden dürfen, so wie wir die Möbel oder die Bücher in unseren Regalen wählen können. Aber neben Behörden, die uns zur Benutzung nicht-freier Software nötigen, befasst sich die FSFE momentan auch mit Firmen, die uns dazu zwingen wollen, bestimmte Computer in unserem Zuhause zu benutzen. In diesem Fall sind es auch noch einige der wichtigsten Computer: Router, die als Torwächter zwischen unserem privaten Netzwerk und dem öffentlichen Internet dienen.
In Deutschland zwingen Internetanbieter (ISPs) ihre Kunden, bestimmte Hardware zu verwenden, um sich mit dem Internet verbinden zu können. Benutzer alternativer Geräte können jedoch bei diesen ISPs nicht online gehen. Zusammen mit anderen Mitgliedern der Freie-Software-Gemeinschaft hat unser Deutsches Team einige Kommentare zu diesem Fall geschrieben und führt Gespräche mit Regierungsorganisationen, Firmen und anderen Organisationen über Zwangsrouter.
Da dieses Thema gerade hauptsächlich in Deutschland und auf Deutsch relevant ist, hat Max Mehl als Mitglied unseres Deutschen Teams diesen Fall zusammengefasst und eine Zeitleiste der wichtigsten Ereignisse erstellt, die zu dem aktuellen Stand der Dinge geführt haben. Wir hoffen, mit diesen Informationen andere Freie-Software-Aktivisten rund um die Welt unterstützen zu können, die ähnlichen Problemen ausgesetzt sind.
Etwas gänzlich anderes
- Die FSFE war in den letzten Monaten zwei Mal im Fernsehen. Zuerst gab Matija Šuklje, unser Koordinator des Legal-Teams, für RTV Slowenien ein Interview. Er zeigte dabei die Herausforderungen für den kürzlich ernannten Informationskomissar von Slowenien in Bezug auf Cloud Computing. Obgleich die FSFE als „Foundation für uneingeschränktes Programmieren“ übersetzt wurde, war es ihr erster Auftritt im slowenischen Fernsehen. Danach war unser österreichischer Koordinator Peter Bebestinger in Mexico Stadt auf einem Seminar für Archivierung. Er präsentierte dort Fallstudien für Dateiformate und Langzeitspeicherung mit Freier Software. Das gesamte Seminar wurde live ins Spanische übersetzt und auf „Televisión Educativa“, einem nationalen Bildungskanal übertragen. Die Videos sind ebenfalls auf Youtube abrufbar. Peters Interview findet sich ab Stelle 3h50m.
- Guido Arnold veröffentlichte einige Bildungs- Neuigkeiten. Sein Bericht deckt einen Hacking-Wettbewerb zum Auffinden von Sicherheitslücken in Moodle, Freie-Software-Aktivisten, die Schulen in der Slowakei besuchen, und andere bildungsrelevante Nachrichten ab.
- GNU Community Mitglieder und ihre Partner haben Details über ein Fünf-Länder-Überwachungsprogramm mit dem Codenamen HACIENDA entdeckt. Die selben Hacker haben bereits eine Gegenmaßnahme mit Freier Software zur Abwendung dieses Programms ausgearbeitet.
- Mit einer Freien GNU Funk-Software hat eine Gruppe von zivilen Wissenschaftlern einen Satelliten aus den 1970ern kontaktiert, unter ihre Kontrolle gebracht und versuchen, ihn nun in einen erdnahen Orbit zu bringen. Die Geschichte dahinter demonstriert, wie wichtig die Entwicklung, Wartung und Verbreitung Freier Software ist.
- Vom FSFE Planet, der Sammlung von Blogeinträgen zur FSFE:
- Hugo Roy nimmt "Das Recht vergessen zu werden" des Europäischen Gerichtshofs unter die Lupe. Er findet es zäh zu lesen und schreibt eine alternative Version der Richtlinie. In einem anderen Beitrag erklärt er, warum er dem Entwickler einer Freien Software Suchmaschine, Pablo Joubert, dabei hilft, eine “defensive Publikation” (oder auch „Anti-Patent“) zur Nutzung von verteilten Hash-Tabellen in Suchmaschinen zu schreiben.
- Unsere frühere Praktikantin Lucile Falgueyrac schreibt über die Folgen von TIPP & CETA und warum es für die Befürworter von Freier Software Gründe gibt, sich darüber zu ärgern. Sie argumentiert, dass jetzt ein guter Moment sei, um eine starke Botschaft an die Europäische Komission und die Regierungen zu schicken. Sie schreibt weiter, dass „Grundsatzwäsche“ (von Geldwäsche, der Verschleierung der Herkunft von politischen Entscheidungen) keine gute Methode ist, um Gesetze zu machen und es niemals sein sollte.
- Unser derzeitiger Praktikant, Bela Seeger schreibt einen Blogeintrag über Off-The-Record (OTR) Messaging, der die Bedeutung und die technischen Hintergründe von OTR beleuchtet und einen Einblick in die Möglichkeiten zur Verwendung mit verschiedenen Geräten gibt. (Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen, dass die derzeitigen und früheren Praktikanten der FSFE sehr aktiv sind!)
- Unsere Fellows nahmen an vielen Veranstaltungen teil. Nikos Roussos schreibt über seine persönlichen Höhepunkte auf der Fedora Contributor Conference 2014. Er erwähnt ebenfalls die Grundsatzrede über das Novena Laptop Projekt, welches auf LWN zusammengefasst wird. Mario Fux und Mirko Böhm berichten vom KDE-Treffen in Randa mit etwa 50 Freie-Software-Aktivisten, die KDE verbessern. Um einige Eindrücke von dem Treffen zu erhalten, hat Mirko ein kurzes Video von der Veranstaltung in der Schweiz veröffentlicht.
- André Ockers, der im Moment fast das gesamte Material der FSFE auf den aktuellen Stand bringt und ins Niederländische übersetzt, fing jetzt auch zu Bloggen an. Er schreibt auf Englisch, Niederländisch, Deutsch und Französisch.
- Kevin Keijzer, auch aus den Niederlanden, gewährt uns einen detaillierten Überblick über die Freie Software, die er benutzt.
- Daniel Pocock gibt ein Update zu WebRTC und erklärt, was geht und was nicht.
- Matija berichtet von seinem Freie Musik Experiment, indem er seine Lieblingskünstler, die eine Creative Commons Lizenz für ihre Musik verwenden, aufzeigt.
Werde aktiv: Informiere andere über den Software Freedom Day
Am 20. September 2014 feiern Menschen auf der ganzen Welt Freie Software. Die Organisatoren von Software Freedom International kündigten an, dass die Registrierung für Events jetzt eröffnet ist. Sie stellen eine Anleitung zum Starten zur Verfügung. Die enthält Tipps und Fingerzeige, wie man seine eigene SFD-Veranstaltung organisiert. Wenn Sie auch so eine Veranstaltung organisieren wollen, oder einfach nur Informationen über Freie Software und den Software Freedom Day verbreiten wollen, können Sie ebenso folgendes tun:
- Bestellen Sie gedrucktes Informationsmaterial bei uns.
- Schicken Sie den E-Mail-Selbstverteidigungs-Leitfaden der FSF, der jetzt in elf Sprachen verfügbar ist, herum. Auf der „Freiheit statt Angst“-Demonstration konnten unsere Berliner Fellows hunderte der deutschen Version des gedruckten Flyers verteilen. Sie können diese ebenfalls bei uns bestellen.
- Teilen Sie Richard Stallmans Video, oder den oben genannten Artikel und erklären Sie damit Ihren Freunden Freie Software.
Mein Dank geht an alle freiwilligen Helfer,
Fellows und
Spender der FSFE, die unsere Arbeit ermöglichen,
Matthias Kirschner – FSFE