FSFE-Newsletter - Mai 2016
EU-Ziele zur Standardisierung mit FRAND-Lizensierung bedroht
Im Rahmen der Strategie zu einem gemeinsamen digitalen Binnenmarkt hat die Europäische Kommission ein Schreiben zu den Prioritäten bei der Standardisierung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) als Schlüsselfaktor in der Digitalwirtschaft veröffentlicht. Die FSFE begrüßt den Ansatz grundsätzlich, der in dem Schreiben vertreten wird, verstärkt auf Freie Standards zu setzen und die Gemeinschaft um Freie Software besser in Standardisierungsprozesse einzubinden.
Dem Dokument fehlt jedoch das Verständnis der Lizenzbedingungen von Patenten, die für den Standard zwingend benötigt werden; dieses Verständnis ist aber notwendig, um Freie Software in die Standardisierungsprozesse einzubinden. Insbesondere ist die FSFE über die sogenannten „fairen, vernünftigen und nicht-diskriminierenden“ („fair, reasonable, and non-discriminatory“; FRAND) Lizenzbedigungen besorgt, die in der Praxis mit Freier Software nicht vereinbar sind. So gefährdet dieses Dokument alle Anstrengungen, die die Europäische Kommission bisher unternommen hat, um Freie Software in Standardisierung einzubeziehen.
Europäische Kommission gegen Google Android
Am 20. April hat die Europäische Kommission die Argumente zum Geschäftsgebaren von Google bei Android vorgestellt. Die Kommission wirft Google vor, eine dominante Marktposition zu missbrauchen, indem Google Software wie die Google-Suche, der Google Play Store und Google Chrome auf den meisten in Europa verkauften Android-Geräten vorinstalliert und in den Einstelllungen als Standard setzt. Diese Geschäftspraktiken behindern andere konkurrierende Suchmaschinen am Markt teilzunehmen.
Die FSFE hat bereits in der Vergangenheit Bedenken gegenüber dem Argument von einer Koalition diverser Online-Service-Provider geäußert, dass die kostenfreie Verbreitung von Android die Konkurrenz behindert, und das der Europäischen Kommission vorgetragen wurde. Unser Gegenargument war, dass es das Grundprinzip der Lizensierung Freier Software untergraben würde und wir freuen uns, dass die Kommission dieses Argument im Kartellverfahren gegen Google nicht verwendet.
Aus der Community
Guido Arnold, unser Koordinator für Bildung, hat Rechtsaspekte und mögliche Aktivitäten zusammengefasst, wenn staatliche Schulen MS Office verpflichtend machen.
Vitaly Repin hat den Kurs „On the Road to the Free Digital Society“ (Auf dem Weg zur Freien Digitalen Gesellschaft) in den Formaten Moodle Backup und IMS Common Cartridge veröffentlicht und lädt uns alle dazu ein, Rückmeldungen zu dem Kurs zu geben und den Kurs weiter zu verbreiten.
Da Let's Encrypt die Beta-Phase verlassen hat, verwendet und bewirbt Michal Nazarewicz diese neue Zertifizierungsstelle, die kostenfreie TLS-Zertifikate anbietet: "Wenn du deinen eigenen Server betreibst, gibt es keinen Grund, TLS nicht zu verwenden.".
Marcus Moeller erklärt, wie man Freedombox auf einem Beagle Bone Black einrichtet, um ein Blog auf frei designter Hardware selbst zu hosten ohne unfreie Software zu verwenden.
Was haben wir sonst noch gemacht?
Wir haben die achten jährlichen Wahlen für einen Fellowship-Vertreter durchgeführt, der unsere Gemeinschaft in der Mitgliederversammlung der FSFE vertritt. Obwohl es nur einen Kandidaten gab, danken wir Mirko Boehm für seine Kandidatur und gratulieren ihm zur gewonnenen Wahl.
Inzwischen unterstützen uns über 30 Organisationen und Unternehmen dabei, EU-Institutionen und EU-Mitgliedsstaaten Maßnahmen vorzuschlagen, um negative Auswirkungen auf Nutzerrechte und Freie Software durch die EU-Funkrichtlinie 2014/53/EU, oder „Richtlinie zur Funkabschottung“ zu vermeiden. Die gemeinsame Stellungnahme ist offen für weitere Unterschriften gegen negative Auswirkungen der „Richtlinie zur Funkabschottung“ auf Softwarefreiheit, Nutzerrechte, faire Konkurrenz, Innovation, Umwelt und ehrenamtliche Arbeit.
Die FSFE ist außerdem einer Gruppe von Organisationen beigetreten, die problematische Umsetzungen der „Richtlinie zur Funkabschottung“ bekämpft. Gemeinsam haben wir einen offenen Brief an die französische Regierung und das französische Amt für Telekommunikationsregulierung (ART) unterzeichnet, um sicherzustellen, dass die Umsetzung dieser Richtlinie in Frankreich Freie Software nicht einschränkt.
Auf unserem Weg zu mehr Transparenz, haben wir unsereTransparenzerklärung gemäß den Richtlinien von Transparency International Germany veröffentlicht.
Viele unserer ursprünglichen Strukturen und Gründungsdokumente wurden während der Entwicklung der FSFE von einem kleinen Kreis Freiwilliger hin zu einer Organisation mit Angestellten, mit einem Fellowship-Programm und einer Gemeinschaft tausender Menschen, nicht aktualisiert. Wir haben nun angefangen, die Beschreibung unseres Grundkonzepts zu überarbeiten, um unsere Entscheidungsprozesse besser darzustellen. Jonas Öberg, der Geschäftsführer der FSFE, teilt seine Gedanken und Einblicke über mögliche weitere Schritte für die Struktur der FSFE und die Mitgliedschaft mit uns in seinem Blog.
Im Backend-Bereich unserer Arbeit haben wir ein OTRS-basiertes Ticket-System eingeführt. Obwohl es auf den ersten Blick so aussehen mag, dass Menschen nicht direkt Auswirkungen davon bemerken werden, wird unsere gesamte Kommunikation davon profitieren, dass wir bessere Kontrolle über unsere Arbeitsabläufe haben. Außerdem möchten wir dieses System für Ehrenamtliche öffnen.
Vom 13. bis 15. April fand der jährliche juristische Lizenzworkshop LLW der FSFE in Barcelona, Spanien statt. Der Workshop bringt Rechtsfachleute aus der ganzen Welt zusammen, um die anspruchvollsten Themen rund um die Lizensierung Freier Software zu besprechen. Dieses Jahr gab es einen Teilnehmerrekord, der das zunehmende Interesse und die zunehmende Bedeutung der Lizensierung Freier Software unterstreicht.
Unternimm etwas
Vom 2. bis 4. September 2016 wird das erste FSFE-Gipfeltreffen stattfinden, eine Veranstaltung, die unserer Gemeinschaft gewidmet ist. Um es zu einem einzigartigen und attraktiven Erlebnis zu machen, haben wir letzte Woche einen Aufruf zur Teilnahme an unsere Fellows und an unsere Mailinglisten verschickt. Nutze diese Chance und nimm an der Hauptveranstaltung der FSFE 2016 teil, entweder als Redner oder Freiwilliger, als Veranstalter eines Workshops oder einer anderen Veranstaltung.
Gute Nachrichten zu Freier Software
Das spanische Ministerium für Finanzen und öffentliche Verwaltung hat sein web-basiertes Angebot für die Archivierung elektronischer Daten unter einer freien Lizenz veröffentlicht. Frankreich steht dem in nichts nach und hat kürzlich den Quellcode eines Finanzrechners veröffentlicht, der von den französischen Finanzämtern verwendet wird, um die Einkommenssteuer französischer Bürger zu berechnen. Diese Veröffentlichung war das Ergebnis eines Gerichtsprozesses in Paris, in dem entschieden wurde, dass der Quellcode von mit Steuergeldern für die öffentliche Verwaltung entwickelter Software als öffentliche Information angesehen werden kann, die frei zugänglich sein muss.
Danke an alle Freiwilligen, Fellows und Unternehmensspender die unsere Arbeit ermöglichen,
Ihre Autoren Polina Malaja und Erik Albers, FSFE