TUX&GNU@school - Ausgabe 4
Die Kolumne TUX&GNU@school [2] berichtet monatlich jeweils über ein Stück freie Lernsoftware, eine Homepage zum Thema und eine leicht umzusetzende Idee. Diesen Monat geht es um Ghemical [3], Moleküle modellieren und berechnen, um seul.org/edu [4], dem Education-Portal von SEUL - Simple End-User Linux und um die Idee "Wörter-Spiele schnell generiert".
Herzlich willkommen nach einer langen Sommerpause zur vierten Ausgabe von TUX&GNU@school. Wir wollen nicht lange Zeit verlieren und darum gleich weiter zum einem allseits beliebten Thema: der Chemie.
Ghemical - Moleküle modellieren und berechnen
Bei Ghemical [3] handelt es sich um ein freies Chemie-Programm, mit welchem man recht einfach Moleküle erstellen und berechnen kann. Getestet habe ich die Version 0.82 unter Debian GNU/Linux 3.0 [8] und KDE 2.2.2 [9]. Unter Debian ist das Programm ganz einfach mit dem Befehl apt-get install ghemical zu installieren. Aktuell ist die Version 0.90 und wenn man der Homepage glauben kann, soll noch diesen Sommer (das wird knapp) oder Herbst die Version 1.0 erscheinen. Entwickelt wird (und wurde) das Programm von mehreren Leuten, die allesamt alphabetisch auf der Homepage aufgelistet sind.
Bevor ich mit der eigentlichen Vorstellung von Ghemical beginne, möchte ich noch Folgendes erwähnen: Mein letzter Chemie-Lehrer hat mir leider derart den Spass an Chemie vermiest, dass ich viele Fachbegriffe nicht korrekt interpretieren kann. Wer sich allerdings verstärkt mit dem Fach beschäftigt, wird dies sicher besser verstehen. Ich werde darum auch nicht vertieft auf spezielle Begriffe und Funktionen eingehen.
Startet man das Programm, erscheint die zu Abbildung 1 ähnliche Hauptseite. Von hier aus bestimmt man, welcher Art das zu erstellende oder erarbeitende Projekt sein soll. Verfügbar sind bisher quantenmechanische oder molekularmechanische Modelle und reduzierte Protein-Modelle, wobei das letztere noch nicht vollständig implementiert ist. Beim Starten ist es bisher am sinnvollsten Ghemical aus der Konsole zu starten, da es nach wie vor nötig ist, einige Ausgaben oder Eingaben über die Konsole zu machen. Dies sollte sich aber bis zur Version 1.0 erübrigen. Beim Arbeiten mit dem Programm sind die Menüleiste und das PopUp-Menü die wichtigsten Hilfsmittel. In der Menüleiste gibt es die drei Punkte Datei, Fenster und Hilfe. In dieser Stelle ist zu bemerken, dass das Programm nicht wirklich auf deutsch übersetzt ist. Es erscheinen nur vereinzelt Begriffe; Wörter oder Beschreibungen in deutscher Sprache. Im Menüpunkt Datei kann man neue Projekte öffnen, bereits existierende laden oder das Programm beenden. Unter Fenster ist es möglich, zwischen den folgenden drei MDI-Modi zu wählen: Notebook, Toplevel und Modal. Und schliesslich im letzten Punkt Hilfe findet man generelle Informationen zu Ghemical oder einen Link zur Dokumentation.
Abbildung 1: Ghemical auf Aspirin
Hat man sich dann für ein Projekt entschieden, stehen einem am linken Rand zahlreiche Modifikationsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese gehen von verschiedenen Rotations- und Translationsrichtungen, über das Zoomen bis natürlich zum Löschen und Hinzufügen von Atomen oder Bindungen. Klickt man mit der rechten Maustaste ins Anzeigefenster für die Moleküle, so erscheint ein PopUp-Menü, das je nach gewähltem Projekt verschiedene Einträge hat. Zu nennen sind z.B. die verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten. Weiter können die einzelnen Atome verschieden indiziert werden. Sicher auch interessant ist es, dass die Moleküle verschieden dargestellt werden können, u.a. ist auch eine Ansicht für 3D-Brillen eingebaut. In diesem PopUp-Menü sind dann aber auch die grundlegenden Funktionen zum Speichern und Schliessen von Projekten enthalten. Auch das Auswählen verschiedener Elemente und Bindungen ist hier auffindbar. Neben diesen einfacheren Funktionen sind aber auch komplexere ausführbar. Wo beim korrekten Hinzufügen von Wasserstoff-Atomen wohl noch die meisten LeserInnen mitkommen, wird es dann bei Menüpunkten wie "ESP-colored vdW-surface" nicht nur für den Autoren unverständlich. Bei diesen Punkten wird sich dann der geneigte Benutzer und die Chemie-Doktorandin sicher besser zurecht finden. Grundsätzlich gibt es einfach eine Vielzahl von verschiedenen Engines und Algorithmen zum Studium und der Veränderung von Molekülen. Diese scheinen für mein Laienauge durchaus sehr professionell. Die Möglichkeit DNS-Molekülstränge aus der beliebigen Eingabe von "ACGT-Code" zu genereren, fand ich jedenfalls durchaus bemerkenswert.
Abbildung 2: Van der Waals Darstellung der Acetylsalicyl Säure
Zum Schluss noch einige Tipps (hauptsächlich von der Homepage [3]), die einem beim täglichen Gebrauch behilflich sein können.
- Um ein quantenmechanisches Modell zu erzeugen, ist es grundsätzlich sinnvoller, zuerst ein molekularmechanisches zu schaffen, welches man dann in ein quantenmechanisches umwandeln kann.
- Sämtliche Menüleisten sind frei verschiebbar und auch ausserhalb des Hauptfensters platzierbar.
- Für molekularmechanische Modelle stehen unzählige Import- und Export-Formate zu Verfügung.
- Ist man gezwungen, an seinem Arbeitsplatz noch Windows einzusetzten, so findet man auf der Webseite eine ausführliche Beschreibung [10] zum Einsatz von Ghemical unter Windows.
Nun aber weiter zum Zuhause vom Simple End-User Linux.
seul.org/edu, das Education-Portal von SEUL - Simple End-User Linux
SEUL/edu [4] ist ein Unterprojekt von SEUL [11], was für "Simpel End-User Linux" steht. Das Ziel von SEUL selber ist es, ein für den Benutzer möglichst einfaches GNU/Linux System bereitzustellen. Dabei soll qualitativ hochwertige Software entstehen, die vorzugsweise unter der GNU GPL [12] freigegeben wird. Um dies zu bewerkstelligen und zu fördern, hostet die Seite eine Menge Projekte [13] und stellt Mailinglisten zur Koordination der Arbeiten bereit. Hauptsprache in diesem Projekt und auch auf der Webseite ist Englisch.
Das Unterprojekt zu Schule und Erziehung wurde 1998 gegründet. Im Moment leitet Doug Loss das Projekt und Karl Peña unterhält einen Grossteil der Webseite [4]. Neben diesen beiden gibt es noch eine Vielzahl anderer Mitstreiter. SEUL/edu an sich besteht hauptsächlich aus einer Mailingliste, dessen Zugang bereits auf der Titelseite beschrieben wird, und man kann sich auch gleich dort eintragen.
Abbildung 3: Homepage von SEUL/edu
Die Homepage des Projektes ist in sieben Sektionen unterteilt. Dies sind: Vorläufige Projekte, Existierende Software, Fall Studien, Dokumentation, Regelmässige Berichte, Mailinglisten Archiv und Weltweite Links. Unter dem ersten Punkt findet sich im Moment nur ein Projekt [14], dessen Ziel es ist, ein ISO-Image zur Verfügung zu stellen, welches eine ausgeglichene Sammlung von Lernsoftware beinhaltet. Die Entwicklung befindet sich allerdings noch im Anfangsstadium und man wird sehen, was sich daraus ergibt. Die Datenbank mit bereits existierender Software [15] ist aber durchaus beachtlich und ich habe bisher im Internet keine grössere gefunden. Es sind im Moment sage und schreibe 518 Software-Projekte aufgeführt und nach Kategorien geordnet. Zu jedem Eintrag gibt es eine kurze Beschreibung. An zusätzlichen Angaben sind optional vorhanden: Version, Datum, Autor, Homepage, Download-URL und natürlich die verwendete Lizenz. Es ist zusätzlich noch möglich, nur bestimmte Angaben anzuzeigen wie Lizenz oder Kurzbeschrieb. Wichtig für das weitere Wachstum ist sicherlich auch das einfache Eintragen von weiterer Software mittels eines Formulares auf der Webseite [16] selber. Durchsuchen kann man die Einträge entweder nach einer bestimmten Applikation oder einem bestimmten Wort. Zu beachten ist weiterhin, dass die Datenbank nicht nur freie Software beinhaltet. Dadurch dass die Leute von SEUL/edu bereits so viel Software gesammelt und katalogisiert haben, wäre es vielleicht sinnvoll, dass auch gleich andere Projekte diese Datenbank einbinden und erweitern würden. Eine Übersetzung in andere Sprachen würde den Nutzbereich nochmals vergrössern.
Wer Berichte von Schulen sucht, die GNU/Linux und/oder freie Software einsetzen, wird auch hier fündig. SEUL/edu bietet Berichte [17] von mehr als 50 Schulen weltweit. Von Cuenca in Ecuador bis Marl in Deutschland ist einiges vertreten. Auch hier ist es über ein entsprechendes Formular [18] sehr einfach möglich, einen neuen Eintrag hinzuzufügen. Unter Dokumentation [19] findet sich bisher noch nicht viel. Es besteht bereits eine Einteilung der zukünftigen Dokumentation in Bereiche wie Benutzer-Anleitungen oder Lehrer-Anleitungen. Sogar eine Kategorie, um Entscheidern und Leuten, die Schulen überzeugen wollen, zu helfen, wurde eingerichtet. SEUL/edu listet aber auch Dokumentation auf [20], die nicht vom eigenen Dokumentations-Projekt kommt, dies erfolgt in den selben Unterkategorien. Im Moment gibt es Hilfs-Beschreibungen für Leute, welche Dokumenation für eine der genannten Kategorien schreiben wollen.
Das Projekt selber bringt auch mindestens zwei Mal im Monat einen umfangreichen Bericht zur Situation von GNU/Linux und Freier Software in und an Schulen heraus. Die seit Anfang 2000 veröffentlichten Berichte sind natürlich auf der Seite archiviert [21] und können jederzeit nachgelesen werden. Da SEUL/edu hauptsächlich über die Mailingliste arbeitet, ist das Archiv der Liste natürlich online erreichbar [22]. Und schliesslich unter dem letzten Punkt findet man dann noch eine ausgiebige Links-Sammlung [23] zu weiteren Seiten zum Thema "GNU/Linux, freie und offene Software in und an Schulen".
Nun aber weiter zu der Idee in dieser Ausgabe.
"Wörter-Spiele schnell generiert"
Zur letzten, zugegeben etwas mageren Idee wurden mir keine Implementierungen zugesandt, darum gleich weiter zur Idee dieser Ausgabe. Da die bisher vorgestellten Ideen immer mehr oder weniger zum Lernen oder Lehren im harten Schulalltag da waren, soll nun mal eine Idee zur Auflockerung vorgestellt werden. Rätsel, eine Erfindung, die die Menschen wohl schon seit Jahrmilliarden faszinieren und unterhalten, können auch die Schule ein wenig verschönern. Gerade Kinder finden immer Freude an Rätseln und Ratespielen. Es gibt da eine ganz bestimmte Art, welche ich im Kopf habe, und die wohl auch recht einfach programmiererisch umzusetzen wäre. Dabei handelt es sich um den Buchstaben-Salat, der verschiedene, meist thematisch zusammengehörende Wörter enthält, die man dann im genannten "Salat" suchen bzw. finden soll. Die Buchstaben sind meist in einem Rechteck angeordnet, in dem die zu findenden Worte waagrecht, senkrecht oder diagonal enthalten sind. Die Suchworte können dabei vorwärts oder rückwärts geschrieben sein.
Vielleicht gibt es ja bereits ein Stück freie Software, das solche Rätsel generiert. Und wenn nicht, dann wäre sowas doch durchaus in kürzerer Zeit realisierbar. Ein wenig Bash-Skript, das Worte bestimmter Kategorien in einem Buchstaben-Salat versteckt. Diese Buchstabenfolge in eine mit (La)TeX-Befehlen [24] versehene Datei geschrieben und übersetzt gäbe schon ein ansehnliches Rätsel für SchülerInnen, die ihre Aufgaben wieder mal als erste gelöst haben. Und das beste: bei entsprechender Auswahl der Wort-Sammlungen lernt die Schülerin sogar noch die entsprechende Rechtschreibung oder der Schüler lernt den Zusammenhang zwischen den einzelnen Wort-Familien. Ich bin jedenfalls schon gespannt auf eure Ideen, die euch dazu einfallen. Weitere Ideen wären z.B., dass die Worte korrekt und falsch geschrieben im Buchstaben-Wirrwarr vorkommen oder dass man das Ganze mit Zahlen macht.
In dieser Stelle wieder einmal der Aufruf, Ideen, die ihr für leicht implementierbar haltet oder zu denen ihr bis anhin noch keine passende Software gefunden habt, an mich [1] zu senden, damit ich sie an dieser Stelle in einer der nächsten Ausgaben vorstellen kann. Vielleicht gibt es ja sogar Firmen, Schulen oder Einzelpersonen, die einen Preis darauf aussetzen.
Nun aber weiter zu einer neuen Rubrik.
News und aktuelle Programm-Versionen
In dieser Rubrik soll fortan über News zu GNU/Linux und Freier Software in der Schule berichtet werden. Daneben soll es eine Auflistung der aktuellen Programm-Versionen von freier Lernsoftware geben, die vorerst diejenigen Programme enthält, die in TUX&GNU@school vorgestellt wurden. Software, deren Version sich seit der letzten Ausgabe geändert hat, werden rot hervorgehoben.
DebianEdu:
Am 6. September verkündete Raphael Hertzog die Geburt von DebianEdu, einem Unterprojekt von Debian [8]. Vorläufiges Ziel dieses Projektes ist es, Debian zur besten Distribution für schulische Zwecke zu machen. Im Moment wird heftig auf der Mailingliste [25] diskutiert, wie man die ersten Aufgaben angehen will und was Priorität hat. Weitere Informationen dazu findet ihr unter [26].
Aktuelle Programm-Versionen
- KTouch 1.0 - Schreibmaschinenkurs unter KDE 3.0.3 (TGS 1)
- GCompris 1.1.0 - Lernsoftplattform mit verschiedensten Boards (TGS 2)
- KGeo 1.0.2 - Geometrieprogramm unter KDE 3.0.3 (TGS 3)
- Ghemical 0.90 - Chemieprogramm zur Modellierung und Berechnung von Molekülen (TGS 4)
Soweit für diesen Monat. Bis zum nächsten Mal.
Links:
[1] Kritik, Fragen,
Kommentare, Ideen und mehr bitte an: foxman@lugo.ch
[2] Homepage
von TUX&GNU@school:
fsfe.org/activities/tgs/tgs.de.html
[3] Homepage
von Ghemical: bioinformatics.org/ghemical/
[4] Homepage von SEUL/edu:
www.seul.org/edu
[7] Fragen zu
einem möglichen zum Einsatz von GNU/Linux und/oder Freier
Software in der Schule
[8] Homepage von Debian:
www.debian.org
[9] Homepage von KDE:
www.kde.org
[10] Beschreibung
zum Einsatz von Ghemical unter Windows
[11] Homepage von SEUL:
www.seul.org
[12] GNU
General Public License
[13] Auflistung der
von SEUL gehosteten Projekte
[14] ISO-Projekt
von SEUL/edu
[15] Datenbank mit
Lernsoftware für GNU/Linux
[16] Formular
zum Eintragen von neuer Software in die Datenbank
[17] Berichte
von Schulen, die GNU/Linux und/oder Freie Software
einsetzen
[18] Formular zum
Eintragen von neuen Berichten
[19] Das
Dokumentations-Projekt von SEUL/edu
[20] Fremde
Dokumentation auf seul/edu.org
[21] Archiv mit
den regelmässigen Berichten von SEUL/edu
[22] Das
Mailinglisten-Archiv von SEUL/edu
[23] Links-Sammlung
der SEUL/edu:
[24] Homepage von
LaTeX: www.latex-project.org
[25] Mailinglisten
des Debian-Projektes
[26] Vorläufige
Homepage von DebianEDU: wiki.debian.net/debianedu6
Über den Autor:
Mario Fux schloss 1999 das PrimarlehrerInnenseminar in Brig ab, wonach er die mathematisch-naturwissenschaftliche Matura nachholte. Zusammen mit zwei Kollegen gründete er Ende 2001 die ALIS - Arbeitsgruppe Linux an Schulen. Mittlerweile studiert er an der ETH Zürich Informationstechnologie und Elektrotechnik. Und wenn er seine Zeit einmal nicht vor dem PC verbringt, sitzt er an seinem Naturteich in den Bergen.
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