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FSFE Newsletter – August 2014

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Privilegien und Macht

Einstmals war der gewöhnliche Bürger einer Republik ziemlich frei, während er seiner alltäglichen Beschäftigung nachging. Für seine Arbeit benötigte er gelegentlich neue Werkzeuge oder einen Rat. Das alte lateinische Sprichwort scientia potentia est definierte die Grenzen seiner Freiheit als die Grenzen seines Wissens. Wenn er ein neues Werkzeug benötigte, aber nicht das Wissen hatte, es selbst herzustellen, wurde er abhängig vom Schlosser oder Werkzeugmacher, um in den Besitz dieses Werkzeugs kommen zu können.

Heutzutage läuft es anders: Wir sind nicht nur vom Werkzeugbauer abhängig, wenn wir neue Werkzeuge haben wollen, sondern oft bleiben wir für immer von ihm abhängig. In vergangenen Tagen konnte ein Hammer dazu benutzt werden, um einen Pfahl in den Boden (oder einen Vampir) zu treiben. Ebenso konnte man ihn benutzen, um die Holzbretter vom Sarg des Vampirs zusammen zu nageln. Heutzutage muss der Käufer eines Allzweckwerkzeugs zweimal bezahlen: Einmal um den Pfahl in den Vampir zu hämmern und dann nochmal für das Nageln auf der Oberseite des Sargs.

Das ist fantastisch, wenn man einer der wenigen Werkzeugmacher ist: Sie sind nicht nur privilegiert, um die Kontrolle über ihr eigenes Eigentum zu haben. Sie haben auch den Rest von uns aller Rechte beraubt und haben die Macht, unsere Werkzeuge zu kontrollieren und daher haben sie auch die Macht über uns. Unglücklicherweise macht sie ihre privilegierte Stellung blind für die Abscheulichkeit der Situation.

Die Zeit war nicht auf unserer Seite nd zusätzlich zu den ärgerlichen Konsequenzen gescheiterter Regelungen und kalter, ungerechter, auf Profit ausgerichteter Geschäftslogik, wurden wir von Behörden, die uns beschützen sollten, aber letzten Endes die unmögliche Mission erhalten haben, uns zu verfolgen, mit einer Enthüllung nach der anderen beschenkt. Diese Entwicklungen, mögen sie auch noch so jämmerlich sein, können wenigstens rational verstanden werden.

Jedoch ist nicht rational nachvollziehbar, warum unsere demokratisch gewählten Repräsentanten diesen bedauernswerten Missbrauch unserer – und ihrer eigenen – Rechte weiter festigen sollten. Trotzdem tun das viele: Die Europäische Kommission weigert sich, die EU aus Microsofts Würgegriff zu befreien und, was noch viel beunruhigender ist, das Kommunikationskomitee des House of Lords im Parlament Großbritanniens hat vorgeschlagen, die Anonymität im Internet aufzuheben.

Wäre die Privatsphäre und Freiheit nicht so sehr gefährdet, erschienen bei Letzterem die technische Ungeschicktheit und die für den Geburtsort des Liberalismus absolut unpassenden Argumente höchst amüsant. Doch die Gefahr, die von durch Macht oder Habgier korrumpierten Menschen ausgeht, ist real, und unsere Entschlossenheit, diesen Gefahren durch mehr Dezentralität, Sicherheit, Privatsphäre und Anonymität zu begegnen, muss noch größer werden.

Wir alle sind Ziele

Den neuen Enthüllungen Anfang Juli zufolge sind nahezu alle in unserer technologischen Gesellschaft Ziel von Überwachung. Unter anderem wurden oder werden wir wegen des Besuchs auf der Tor Webseite, des Lesens des Linux Journals, des Verbindens zum Mixminion Anonymous Remailer-Dienst oder des Downloads von Tails, einer privatsphären-sensitiven GNU/Linux-Distribution ins Visier genommen. Diese ernüchternden Fakten sollten wir uns jeden Tag in jeder Minute vor Augen halten. Schlussendlich ist unsere größte Waffe das Entwickeln und Empfehlen von Projekten, die eines Tages daran interessierte Leute auf eben dieselbe Beobachtungsliste setzen werden.

Etwas gänzlich anderes

Werden Sie aktiv!

  1. Probieren Sie einmal folgende Programme aus und erzählen Sie Ihren Bekannten und Freunden davon: GnuPG, Off-the-Record messaging, Tor, cryptsetup, HTTPS Everywhere, Privacy Badger. Es gibt noch mehr Freie Software, die Ihre Privatsphäre verbessert.
  2. Falls Sie Softwareentwickler sind und ein wenig von Computerwissenschaften verstehen, können Sie in einem Wissenschaftsmagazin tolle privatsphären- oder anonymitätssteigernde Konzepte finden und diese zu Leben erwecken.

Mein Dank geht an alle freiwilligen Helfer, Fellows und Spender der FSFE, die unsere Arbeit ermöglichen,
Heiki OjasildFSFE