FSFE Newsletter – Oktober 2014
Italienisches Gericht unterstützt die getrennte Auslieferung von Software und Hardware
Wenn man sich einen Laptop kauft, kann sich das Bezahlen für eine Microsoft Windows Lizenz als schwierig zu vermeiden herausstellen. Der Grund ist: Viele Laptops (und Computer) werden mit schon mit dem Windows Betriebssystem ausgeliefert und verkauft. Diese „Windows Steuer“ hat die Hardwarepreise für die Nutzer von Freier Software, die Microsofts Betriebssystem nicht nutzen wollen, künstlich erhöht. Wir als die Nutzer Freier Software wollen aber statt dessen die Entwicklung von Freier Software fördern.
Seit 2008 pflegen wir eine Wiki-Seite mit Ratschlägen für Verbraucher, die die Förderung von Entwicklung nicht-freier Software umgehen wollen. Seit über zehn Jahren sprechen wir mit Politikern und Verbraucherschutzorganisationen über dieses Thema. Es ist jedoch nur ein langsamer Fortschritt zu verzeichnen und es wird noch Jahre dauern, diese Situation in Europa zu verändern. Für solche langfristigen Ziele ist es wichtig, auch kleine Zwischenziele zu erreichen. Letzten Monat hatten wir so einen Sieg errungen.
Das oberste italienische Gericht für Zivil- und Strafsachen, der Kassationshof, hat beschlossen, dass ein Laptopkäufer dazu berechtigt ist, die Gebühren für eine Microsoft Windows Lizenz, die er zwangsweise beim Kauf des Computers zahlen musste, erstattet zu bekommen. Die Richter kritisierten die gängige Praxis, PCs nur zusammen mit einem nicht-freien Betriebssystem zu verkaufen scharf als „kommerzielle Masche des Zwangskaufs“. Der Gerichtshof, sah in dieser Vorgehensweise eine monopolistische Tendenz. Er betonte ebenfalls, dass diese Vorgehensweise für den Endkunden bedeutet, dass ihm weitere nicht-freie Programme aus Kompatibilitätsgründen aufgezwungen werden, ob er diese nun will oder nicht.
Die italienischen Behörden müssen nun diesen Beschluss in einen echten Sieg für Verbraucher umwandeln indem sie sicherstellen, dass Computerkäufer entscheiden können, ob oder welches Betriebssystem ihr Gerät haben soll. Aufbauend darauf hoffen wir, andere Länder in Europa dazu zu bringen, diesem Beispiel zu folgen und eine Europaweite Lösung für das Problem zu finden.
Die öffentliche Verwaltung in Europa nutzt Freie Software
In den Medien – und auch bei uns – gibt es manchmal die Tendenz dazu sich auf die schlechten Nachrichten über Freie Software in der öffentlichen Verwaltung zu beschränken. In dieser Ausgabe wollen wir uns auf die guten Beispiele des letzten Monats konzentrieren. Es gibt gute Nachrichten Freie Büroanwendungen betreffend: Das österreichische Bundesrechenzentrum lobt die vielen Anwendungsmöglichkeiten von Apache OpenOffice. Sie schätzen es sehr dass „diese Lösung an die Anforderungen des Rechenzentrums angepasst werden kann, in die Anwendungen der RZ-Spezialisten integriert werden kann, und es ebenso erlaubt, dass Dokumente automatisch und halbautomatisch erstellt und weitergeleitet werden können. OpenOffice ist seit 2008 die standard Büroanwendung des Rechenzentrums. Sie ist auf 12.000 PCs der Organisation installiert.” Darüber hinaus wechseln die Verwaltungen der italienischen Städte Todi und Terni zu LibreOffice. Sie folgen dem Beispiel der Provinz Perugia die LibreOffice auf all ihren 1.200 Arbeitsplätzen nutzt, sowie der örtlichen Gesundheitsbehörde von Perugia, die die Office Suite auf 600 PCs nutzt.
Die öffentliche Verwaltung in Frankreich verwendet eine Freie Bürosoftware an 500.000 Desktopcomputern. Obwohl sie sagen, dass der Wechsel zu Freier Software schwer war, waren sie in der Lage, die Probleme in den Griff zu bekommen. Der Erfolg des Projekts fußt hauptsächlich auf zwei Verträgen, die die Ministerien mit Informations- und Kommunikationstechnologieanbietern abgeschlossen hatten. Die Verträge bedingen die Unterstützung für 260 Freie Software Anwendungen und das Support-Team stellt sicher dass Fehlerbehebungen, die für die Ministerien gemacht werden, auch wieder anderen Freie Software Projekten zur Verfügung gestellt werden.
Die Grünen in Sachsen drängen die Regierung des Freistaats, eine Machbarkeitsstudie über die Migration hin zu Freier Software durchzuführen. Die politische Gruppe, seit 2011 selbst Nutzer von Freier Software, sagt dass „die niedrigen IT-Kosten und die Vorteile im Bezug auf Sicherheit die öffentliche Verwaltung dazu anregen sollten, Freie Software zu nutzen“. Sie argumentieren, dass die Abhängigkeit von proprietärer Software „großen Unternehmen Zugang zu und Einfluss über die offiziellen internen Arbeitsweisen, sowie sensible Informationen und Daten der Bürger des Freistaats geben.“
Etwas gänzlich anderes
- Auch ohne die oben erwähnte Windows Steuer muss der Nutzer immer noch selbst herausfinden ob der Computer, den man kaufen will auch mit Freier Software funktioniert. Um den Informationsfluss zu verbessern, welche Hardware nun kompatibel ist, und welche nicht, arbeiten die FSF und Debian jetzt zusammen und erweitern die Hardware Datenbank h-node. Diese hilft Nutzern, Informationen über Computer, die mit Freien Betriebssystemen funktionieren auszutauschen.
- Momentan ist eine Diskussion über gute Metaphern zu Freier Software auf unserer englischsprachigen öffentlichen Mailingliste am Laufen. Hugo Roy hat das Thema mit einigen Beispielen angestoßen. Alessandro Rubini hatte einige kritische Anmerkungen. Er argumentiert, dass die genannten Metaphern den kostenlosen Austausch von Freier Software schildern sollen. Dazu sollte man aber im Feld der Informationen, also Wissen, das man ohne Kosten weitergeben kann, bleiben. In einem jüngeren Beitrag berichtet Guido Arnold von seinen guten Erfahrungen mit der Kochrezept-Analogie bei Kindern.
- Im diesjährigen Software Freedom Day waren einige lokale FSFE Gruppen beteiligt: Edgar Hoffmann organisierte einen Infostand vor dem Offenburger Rathaus und eine Mini-Gemeinschafts-Konferenz mit Vorträgen und unserem Freie Software Quiz am Abend. Dominik Hopf, unser Koordinator für den Raum Hamburg, hielt einen Vortrag bei der SFD-Veranstaltung in Kiel über F-Droid während Torsten Grote Interessenten beim SFD Berlin F-Droid näher brachte. Mit dabei waren Nermin Canik aus Istanbul und Ihr Autor um mit den Menschen über die Freiheit von Software zu sprechen. Darüber hinaus hielt Michael Stehmann einen Vortrag über Freie Software und Privatsphäre beim SFD-Event in Köln.
- Vom 13 bis 15 Oktober wird die FSFE einen Stand beim Linuxcon in Düsseldorf haben. Weil bereits schon vor der Veranstaltung viele Freie Software Aktivisten vor Ort sein werden, lädt die Fellowship-Gruppe Düsseldorf am 12 Oktober ab 11 Uhr zum Brunch ins Bistro "Schwesterherz", Bilker Allee 66, 40219 Düsseldorf ein. Das wird eine ereignisreiche Zeit für unsere lokale Gruppe werden. Nachdem sie schon bei der Cryptoparty des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit teilgenommen haben und einen Stand beim Zackk Straßenfest organisierten.
- Guido Arnold fasste den Workshop der FSFE in Essen, in welchem die besten Vorgehensweisen für die Vertretung unserer Interessen auf lokaler Ebene besprochen wurden zusammen.
- Der Freie Software Entwickler Matthew Garret ist „davon überzeugt, dass Software, die die Nutzer nicht respektiert oder ihnen mehr Möglichkeiten Wahlfreiheiten lässt, absoluter Schwachsinn ist.“. In seinem Blog schreibt er dass Software von Grund auf so geschrieben werden muss, dass die Freiheiten, die sie erlauben auch unmittelbare und real nutzbare Vorteile für die Nutzer hat. Seiner Ansicht nach ist alles, was das nicht tut, ein Fehlschlag.
- Vom FSFE Planet, der Sammlung von Blogeinträgen zur FSFE:
- Guido Arnold berichtet von den Teckids Workshops bei der FrOSCon9. Mehr als 60 Kinder zwischen neun und 13 Jahren nahmen an drei verschiedenen Workshops über Roboter, Python Spiele und Blender teil.
- Max Mehl erklärt wie man Openstreetmap als die Standardsuche in den Thunderbird Kontakten einstellt und wie man über CalDAV auf einen Geburtstagskalender auf der ownCloud zugreift.
- Henri Bergius berichtet vom Status der NoFlo Entwicklungsumgebung, einer Benutzerschnittstelle für Flow-Basierte Programmierung.
- Es gibt etliche Schritte, die man unternehmen kann, um Microsoft Office Dateien zu umgehen. In wenigen Fällen muss man sich mit ihnen auseinander setzen. Kevin Keijzer dokumentiert, wie man als Freie Software Nutzer das beste aus Microsoft Office macht was man kann.
- Unser derzeitiger Praktikant Michele Marrali schrieb einen Blogbeitrag überwie Patente, Copyright und Handelsmarken genutzt werden können, um Freiheit in Hardwareprojekten zu bewerben..
Werde Aktiv: Geben Sie uns eine Rückmeldung zum User Data Manifesto
Version 2 des User Data Manifesto wurde herausgegeben. Das Ziel des Manifestos ist es die fundamentalen Rechte der Nutzer und ihrer Daten im Internet Zeitalter: Den Zugang zu Daten (und Metadaten) zu kontrollieren, zu wissen, wann und wo die Daten gespeichert werden und eine Plattform selbst zu wählen. Einige Projekte arbeiten bereits darauf zu, das Manifesto zu unterstützen und ihren Nutzern diese Rechte zu gewähren. Im Moment ist die Version 2 als Entwurf in einem Wiki veröffentlicht, das öffentliche Kommentare erlaubt.
Wir bitten alle Unterstützer von Freier Software, uns eine Rückmeldung zum Manifesto zu geben um es noch weiter zu verbessern und damit die FSFE entscheiden kann, ob sie das Manifesto unterstützen wird. Bitte geben Sie uns eine Rückmeldung, diskutieren Sie mit auf unseren Diskussionslisten, und bitten Sie andere Freie Software Organisationen ebenfalls eine Meinung abzugeben und ob sie das Manifesto auch in dieser Form unterstützen würden.
Mein Dank geht an alle freiwilligen Helfer,
Fellows und
Spender der FSFE, die unsere Arbeit ermöglichen,
Matthias Kirschner – FSFE