Apple behauptet, "die Interoperabilität des DMAs verstößt gegen die Grundrechte“. Die FSFE ist da anderer Meinung. Wenn Sie auch der Meinung sind, dass Interoperabilität der Schlüssel zur Softwarefreiheit ist unterstützen Sie uns noch heute!

Softwarepatente in Europa

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Feuerlöschen mit Benzin

1. November 2004

Sehr geehrter Herr Barroso,

die scheidende EU Kommission hat aktiv für die Einführung von Softwarepatenten in Europa gekämpft. Und das, obwohl damit erhebliche Risiken für Europa verbunden sind. Neben den bereits bekannten Studien, haben Pricewaterhouse Coopers (PwC) und die Deutsche Bank Research erst vor kurzem auf die Gefahren für hingewiesen: The Register zitiert PwC: "Die zurückhaltende Regulierung [...] der Vergangenheit hat zu einer sehr innovativen und wettbewerbsfähigen Softwareindustrie mit niedrigen Zugangsbarrieren geführt. Ein Softwarepatent, das dazu dient, Erfindungen nicht-technischer Natur zu schützen, könnte die hohe Innovationsrate abwürgen."

Die Realität ist, dass Softwarepatente die Innovation blockieren werden - ein Grund für alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, deren Einführung abzulehnen. Es ist unserer Erinnerung nach das erste Mal, dass etwas derartiges im Deutschen Bundestag geschehen ist.

Außerdem hat die Kommission die Gefahren, die mit Softwarepatenten einhergehen, eingestanden, indem sie derzeit über die Einführung einer Pflichtversicherung nachdenkt, um das Risiko zu reduzieren. Nach den aktuellen Plänen sollen sich sowohl Patentinhaber als auch potentiell Beklagte versichern müssen. Auf der Suche nach Prozessen wegen Softwarepatentverletzungen, vor denen eine derartige Versicherung schützen soll, wird man schnell fündig: Eolas Technologies hat Microsoft 1999 wegen einer Patentverletzung verklagt. Mittlerweile - fünf Jahre später und nach erheblichem finanziellen Aufwendungen - hat das US Patent and Trademark Office (PTO) das fragliche Patent für ungültig erklärt. Es gibt keinen Fachmann, der der Ansicht wäre, dass das Patent aufrecht erhalten werden könnte. Trotzdem hat Eolas erklärt, weiterkämpfen zu wollen, ein Ende des Verfahrens ist nicht abzusehen. Und Eolas geht diesen Weg weiter - sogar ohne eine derartige Versicherung.

Die geplante Versicherung wird ähnlich wirken, wie wenn jemand versuchte, Feuer mit Benzin zu löschen: Wir haben derzeit 30.000 Softwarepatente in Europa. Viele Versicherte werden die Pflichtversicherung als Investment ansehen, für das sie eine Rendite erwarten. Softwarepatente können sich aber nur dann rentieren, wenn Prozesse geführt werden. Das Ergebnis werden rapide wachsende Versicherungsprämien sein, und die Versicherer werden ihr Risiko schnell limitieren, um eine Kalkulationsgrundlage zu haben. Am Ende werden sich die Beteiligten in einer Situation wiederfinden, die derjenigen ohne Versicherung sehr ähnelt - nur mit einem grossen Unterschied: Bis dahin werden sie einen unsinnigen Geldbetrag für eine sinnlose Versicherung aufgewendet haben und ihre Verwaltungsbürokratie wird schwindelerregende Ausmasse erreicht haben. Mit dieser Entwicklung wird das Bemühen der Kommission um eine Verwaltungsvereinfachung zu einem aussichtslosen Unterfangen werden. Was aber noch wichtiger ist: Innovationen für die Informationsgesellschaft werden blockiert und Europa wird bis 2010 wahrscheinlich zur "wettbewerbsschwächsten wissensbasierten Region" geworden sein.

Deshalb bitten wir Sie: bitte ersparen Sie Europas Wirtschaft beides - die Einführung der Softwarepatenten (einem der effizientesten Blocker von Innovation und Wirtschaftswachstum) wie auch den Wahnsinn einer Versicherung gegen dieses sinnlos geschaffene Risiko.

Mit freundlichen Grüßen,

Georg Greve
Präsident
Free Software Foundation Europe (FSFE)
fsfe.org